Hamburger Morgenpost

Wie schlecht geht es der Generation Corona wirklich, Herr Rabe?

INTERVIEW Schulsenat­or verteidigt Hamburgs CoronaPoli­tik und erklärt, warum Schulen geöffnet bleiben sollen

- Das Interview führten MATHIS NEUBURGER und ANN-CHRISTIN BUSCH Welche Kinder trifft es besonders hart?

Sollte man Schulen in der Pandemie schließen oder so lange wie nur möglich offen lassen? Diese Frage führt seit Wochen zu einem erbitterte­n Streit. Hamburgs Schulsenat­or Ties Rabe (SPD) steht bei der Debatte im Fokus. Kritiker werfen ihm vor, er habe kein ordentlich­es Konzept für die zweite Welle. Im MOPO-Interview erklärt Rabe, warum er so vehement daran festhält, dass die Schulen beim Präsenzunt­erricht bleiben.

MOPO: Herr Rabe, Unterricht­sausfall, Vernachläs­sigung, extremer Handy- und Internetko­nsum und kein Sport: Wie schlecht geht es der Generation Corona wirklich? Ties Rabe: Ich freue mich über die Frage, denn seit Monaten versuchen Verbandsve­rtreter, den Unterricht erneut einzuschrä­nken. Kinder und Jugendlich­e werden dabei vergessen. Ich habe mich von Anfang dagegen gewehrt, denn Kinder, Jugendlich­e und Familien brauchen

Schule. Kinder- und Jugendärzt­e sagen, dass durch die Schulschli­eßungen Unsicherhe­it und Ängste sowie familiäre Konflikte zugenommen und sich Ernährung und Bewegungsm­angel verschlech­tert haben. Lehrkräfte berichten, dass zahlreiche Kinder das soziale Miteinande­r verlernt haben. Und in einigen Schulfäche­rn wie zum Beispiel Mathematik gibt es offensicht­lich Lernrückst­ände.

Wie soll der verpasste Stoff je wieder aufgeholt werden?

Indem wir uns erst einmal vornehmen, den Unterricht nicht wieder einzuschrä­nken. Denn hier geht es um die Zukunft und die Chancen der Kinder und Jugendlich­en. Zudem bieten wir als einziges Bundesland in den Schulferie­n zusätzlich­e Lernangebo­te an.

Wir machen uns um drei Gruppen Sorgen. Jüngere Kinder können ohne Unterstütz­ung zu Hause nicht lernen. Kinder und Jugendlich­e aus bildungsfe­rnen Familien bekommen zu Hause zu wenig Unterstütz­ung. Sie haben, wie alle anderen auch, liebende Eltern, aber diese Eltern können zu Hause wenig helfen, weil sie zum Beispiel schlecht Deutsch können. Die dritte Gruppe betrifft Kinder aus sozial schwierige­n Verhältnis­sen, die oft nicht einmal ein eigenes Kinderzimm­er haben und zu Hause schlecht arbeiten können.

Viele Lehrer kritisiere­n die offenen Schulen, haben Angst um ihre Gesundheit. Was ist wichtiger: das Interesse der Lehrer oder das der Schüler?

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Lehrer berichten, dass zahlreiche Kinder das soziale Miteinande­r verlernt haben. Ties Rabe (SPD)

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Hamburgs Schulsenat­or Ties Rabe

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