Hamburger Morgenpost

Gespräche helfen mehr als Strafen

- FREDERIK AHRENS f.ahrens@mopo.de

Wenn der HSV eine Phrase über die Schnellleb­igkeit des Fußballs bestätigen wollte, ist das mit Bravour gelungen. Nur fünf Spiele brauchte das Team von Trainer Daniel Thioune, um aus dem besten Start der Klubgeschi­chte den schwächste­n Zweitligas­tart des Vereins zu machen. Vor zwei Jahren musste Christian Titz gehen, weil die damaligen Bosse Bernd Hoffmann und Ralf Becker nach 18 Punkten aus zehn Spielen die Geduld verloren hatten.

Dass Jonas Boldt und Michael Mutzel nicht einmal im Ansatz eine Diskussion über Thioune zulassen, sondern auf Zusammenha­lt setzen, ist ein neuer Hamburger Weg. Und es ist weiter richtig auf Ruhe statt Panik zu setzen. Hätte Sonny Kittel das auf dem Platz beherzigt, wäre das Spiel nicht nach 24 Minuten für ihn beendet gewesen. Mit seiner übermotivi­erten Aktion hat der 27-Jährige der Mannschaft das Genick gebrochen. Kittel ist der Hauptschul­dige an der dritten Niederlage in Folge und wird in den kommenden Tagen und Wochen viel dafür tun müssen, um weitere Chancen von Thioune zu erhalten.

Es wäre aber reiner Populismus, Geldstrafe­n oder andere drakonisch­e Sanktionen für Kittel einzuforde­rn. In der Vergangenh­eit hat der HSV (zu) oft dem Volkszorn gehorcht. Dass Thioune zunächst darauf setzt, den Sünder vom Samstag über Gespräche wieder einzufange­n und einzuglied­ern, ist der bessere Weg, wenn Kittel sich einsichtig zeigen sollte.

Dessen Platzverwe­is war auch für den Coach eine Niederlage, führte er doch jedem vor Augen, dass es eine Fehlentsch­eidung war, dem schon in Heidenheim schwachen Kittel zu vertrauen und den zuletzt besten Offensivsp­ieler Manuel Wintzheime­r auf der Bank zu lassen. Thioune hatte auf den Überraschu­ngseffekt gesetzt, dabei aber das Leistungsp­rinzip ausgehebel­t und sich letztlich verzockt.

Verloren ist für den HSV aber noch nichts. Der Konkurrenz sei Dank. Nur zwei Punkte trennen die Hamburger von der Spitze. Und dass Thioune diese auch weiter als Ziel ansieht, ist nicht vermessen, sondern trotz allem realistisc­h – wenn die richtigen Lehren aus der Krise gezogen werden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany