Hamburger Morgenpost

„Ich habe gefeiert wie selten

Der Ex-HSV-Stürmer erinnert sich an einen Tor-Rekord mit emotionale­m Finale

- FLORIAN REBIEN florian.rebien@mopo.de

Wenn man mit Uwe Seeler und Horst Hrubesch auf einer Stufe steht, ist das etwas ganz Besonderes.

Sergej Barbarez

Als Sergej Barbarez im Sommer 2000 von Borussia Dortmund zum HSV wechselte, war er bereits 28 Jahre alt, doch die beste Zeit in seiner Karriere sollte noch kommen – und zwar in Hamburg. Insgesamt sechs Jahre spielte Barbarez für den HSV. In 216 Spielen erzielte er 76 Tore und bereitete 48 weitere Treffer vor. Noch heute gehört er bei den Fans zu den beliebtest­en HSV-Profis in diesem Jahrtausen­d.

Die Liste der prominente­n und erfolgreic­hen HSV-Angreifer der vergangene­n 20 Jahre ist lang. Paolo Guerrero, Ivica Olic, Bernardo Romeo, Mladen Petric, Heung Min Son, Ruud van Nistelrooy oder auch Pierre-Michel Lasogga gehören dazu. Mehr als 14 Bundesliga-Tore in einer Saison hat allerdings nie einer dieser Stürmer für den HSV erzielt. Barbarez setzte andere Maßstäbe. Er traf in der Bundesliga-Saison 2000/01 22-mal, holte damit letztmals die Torjägerka­none nach Hamburg. Die Krönung war ein Treffer am letzten Spieltag gegen die Bayern. Es war ein Erlebnis und Spiel, das er nie vergessen wird.

Barbarez‘ HSV-Spiel des Lebens - es passierte direkt in seiner ersten Saison in Hamburg. Mit dem HSV spielte er in der Champions League und erlebte unter anderem das spektakulä­re 4:4 gegen Juventus Turin, doch in der Liga lief es damals nicht wirklich gut für die Mannschaft von Frank Pagelsdorf. Es reicht nur zu Platz 13.

„Es war in der Bundesliga keine gute Saison von uns, umso bedeutsame­r war es für mich dann aber, dass ich so viele Tore geschossen habe“, erzählt Barbarez, der am 34. Spieltag im Heimspiel gegen Bayern München den emotionale­n Höhepunkt erlebte.

„Für uns als Mannschaft ging es in dem Spiel eigentlich um gar nichts mehr. Wir waren vorher schon gerettet. Trotzdem hat uns in diesem Spiel fast ganz Deutschlan­d die Daumen gedrückt, weil wir mit einem Sieg Schalke zum Meister hätten machen können. Und für mich ging es dann natürlich auch noch um etwas. Ich hatte 21 Tore in der Saison geschossen, das waren die meisten zusammen mit Ebbe Sand“, beschreibt Barbarez die Ausgangssi­tuation.

Auf dem Platz machte er sich über all das dann zunächst kaum Gedanken. Das Volksparks­tadion war mit damals 55 280 Zuschauern komplett gefüllt. Barbarez wollte die Atmosphäre genießen und einfach das Spiel gewinnen. Die Leistung des HSV war auch nicht schlecht. Bis zur 90. Minute stand es 0:0 – und dann drehte der Volkspark für kurze Zeit komplett durch. Nach einer Flanke von Marek Heinz ließ Barbarez Bayern-Keeper Oliver Kahn keine Chance und köpfte den Ball zum 1:0 ins Tor. Es folgte ein irrer Jubel. Barbarez: „Mit meinem Tor war das Spiel eigentlich vorbei.Ichhabegef­eiertwie selten zuvor. Vielleicht war es ein bisschen zu viel. Aber ich habe mich einfach von den Emotionen tragen lassen.“

Sehr lange dauerte die Jubel-Party bekanntlic­h nicht. In der Nachspielz­eit traf Patrik Andersson für die Bayern zum 1:1. Statt Schalke waren am Ende doch wieder die Münchner Meister. Wie hat Barbarez das Ende erlebt? „Wir waren ein bisschen traurig, weil wir das Spiel nicht gewonnen hatten und es nicht geschafft hatten, eine andere Mannschaft zum Meister zu machen. In dem Moment ist dann aber auch Andrej Panadic zu mir gekommen und hat mir sagt, dass schützen geworden ich Torkönig bin. Das war in dem Moment ein kleiner Trost. Danach war es dann eigentlich auch mehr als ein 1:1 für mich.“

Mit 22 Treffern holte Barbarez gemeinsam mit Ebbe Sand, der am letzten Spieltagin­der89 . Minute getroffenh­atte, die Torjägerka­none. Nur Uwe Seeler (1963/64) und Horst Hru(1981/82) besch konnten diese Trophäe zuvor im HSV-Trikot gewinnen. Barbarez: „Wenn ich nur auf mich gucke, war das beim HSV für mich das Größte. Wenn man mit Uwe Seeler und mit Horst Hrubesch auf einer Stufe steht, dann ist das etwas ganz Besonderes.“

Dass es nach ihm kein Spieler mehr geschafft hat, die Trophäe erneut für den HSV zu gewinnen, ist für Barbarez „sehr traurig“. Er sagt: „Wenn Leute heute immer noch auf dich zukommen und sagen, es wäre gut, wenn du dabei wärst, dann sagen sie das nicht einfach so, sondern weil irgendetwa­s gefehlt hat in der Vergangenh­eit. Für einen Verein wie den HSV ist es schade, dass man 20 Jahre keinen Torschütze­nkönig gehabt hat. Nun spielen sie in der Zweiten Liga. Aber so ist das.“

Treu bleibt Barbarez seinem HSV trotzdem – immer mit der Hoffnung, dass es irgendwann wieder besser und erfolgreic­her wird.

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Ein großer Moment im Volksparks­tadion: HSV-Legende Uwe Seeler übergibt Stürmer Sergej Barbarez die Torjägerka­none.
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 ??  ?? Emotionen pur: Sergej Barbarez im Jubel-Rausch nach seinem Tor zum 1:0 gegen Bayern München
Emotionen pur: Sergej Barbarez im Jubel-Rausch nach seinem Tor zum 1:0 gegen Bayern München

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