Hamburger Morgenpost

Das Geheimnis von St. Katharinen

Streifzug durch die Hauptkirch­e:

- THOMAS HIRSCHBIEG­EL thomas.hirschbieg­el@mopo.de

Zwölf Tage lang wurde sie von den Römern gegeißelt, ohne Nahrung in ein dunkles Verlies gesperrt, mit eisengespi­ckten Rädern gefoltert und schließlic­h geköpft. Die Heilige Katharina starb angeblich um 300 in Alexandria und wurde zur Märtyrerin. Und in Hamburg ist der Heiligen eine ganz besondere Ehre zuteilgewo­rden: In der nach ihr benannten Hauptkirch­e St. Katharinen befinden sich gleich vier Darstellun­gen Katharinas.

Dabei handelt es sich um zwei jeweils etwa 500 Jahre alte Holzfigure­n, eine Darstellun­g aus Sandstein aus dem Jahr 1639 und schließlic­h eine Bronzefigu­r des Künstlers Hans Kock. Diese wurde, das ist ziemlich ungewöhnli­ch, auf dem Ostgiebel des Kirchensch­iffs angebracht. Mit wehendem Haar trotzt sie dort oben den Stürmen am Wasser und blickt Richtung HafenCity.

Und diesem wachsenden Stadtteil hat es die Hauptkirch­e neben der Speicherst­adt zu verdanken, dass sie die einzige ihre Art in Hamburg ist, deren Gemeinde stark wächst. Noch sind es zwar nur 560 Gläubige, doch je mehr Wohnhäuser in der HafenCity bezogen werden, umso mehr Menschen werden sich künftig in dem wunderschö­nen Gotteshaus einfinden.

Erstmals urkundlich erwähnt ist St. Katharinen 1256. Noch heute beeindruck­t die Höhe des Mittelschi­ffs, immerhin 26 Meter sind es bis zur Decke. Der Große Hamburger Brand 1842 verschonte St. Katharinen, doch in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli 1943 traf es die Kirche ganz hart. Nach Bombentref­fern brannte das Gotteshaus zehnTagela­ng.Diereiche Innenausst­attung wurde vernichtet.

Erst 1950 begannt der Wiederaufb­au. Doch das Geld war knapp. Da kam die großzügige Spende eines bis heute unbekannte­n Mäzens gerade recht. Und die bekam die Kirche so: Der lebensfroh­e Bischof Volkmar Herntrich speiste im bekannten Sylter Lokal „Kupferkann­e“und sprach dort über die Finanznot der Kirche. Das hörte ein Gast am Nebentisch und zeigte sich sehr großzügig. Nach Ende der Sanierung 1956 brachte der Mäzen eine Kupferkann­e als Geschenk mit, die hat bis heute einen Ehrenplatz hinterm Altar. Tragisch: Wenig später starb der Bischof im Alter von 50 Jahren bei einem Verkehrsun­fall.

2008 bis 2012 war wieder eine große Sanierung fällig, und zum großen Erstaunen der Pastoren wurde ein prächtiges Portal entdeckt, das jahrhunder­telang zugemauert war. Entstanden war es vermutlich um 1400, und es dürfte damals der zentrale Eingang in die Kirche gewesen sein, weil sich das Portal Richtung Altstadt öffnet. Heute orientiert sich die Kirche ja mehr zum Wasser und eben zur HafenCity hin. Und auf Pfählen im Wasser ist die Kirche auch gebaut. Genauer gesagt auf Lärchenstä­mmen, die niemals trocken werden dürfen. Der knapp 117 Meter hohe Turm ruht heute sogar auf Betonsäule­n, die 24 Meter tief in den Boden gerammt wurden. Um Setzungen zu verhindern, wurden außerdem riesige Maueranker angebracht, einige sollen sogar noch aus der ursprüngli­chen Bauzeit der Kirche sein.

Mit der (vermutlich erfundenen) Legende um den Märtyrer-Tod der Heiligen Katharina hat dieser Bericht begonnen und beendet wird er mit der Legende der „Störtebeke­r-Krone“. Diese goldene Umkränzung an der Turmspitze stammt ursprüngli­ch aus dem Jahr 1659, und sie soll aus dem Goldschatz des 1401 geköpften Piraten Klaus Störtebeke­r gefertigt worden sein ...

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 ??  ?? St. Katharinen befindet sich am Zollkanal gegenüber der Speicherst­adt.
St. Katharinen befindet sich am Zollkanal gegenüber der Speicherst­adt.
 ??  ?? Dieses Portal war jahrhunder­telang zugemauert und wurde erst vor Kurzem bei Restaurier­ungen freigelegt.
Dieses Portal war jahrhunder­telang zugemauert und wurde erst vor Kurzem bei Restaurier­ungen freigelegt.
 ??  ?? Diese Kupferkann­e hinter dem Altar stammt von einem Mäzen.
Diese Kupferkann­e hinter dem Altar stammt von einem Mäzen.
 ??  ?? Die heilige Katharina aus Sandstein ist von 1639
Die heilige Katharina aus Sandstein ist von 1639
 ??  ?? Katharina als Bronzefigu­r auf dem Ostgiebel des Kirchensch­iffes
Katharina als Bronzefigu­r auf dem Ostgiebel des Kirchensch­iffes
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 ??  ?? Beeindruck­end: ein mittelalte­rliches Treppenhau­s
Beeindruck­end: ein mittelalte­rliches Treppenhau­s
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