Schluss mit Schuss
Altona und Nord drehen dem Außer-Haus-Verkauf den Hahn ab. Wo das Heißgetränk trotzdem erlaubt ist – und warum:
Waren die U- und S-Bahnen während des ersten Lockdowns noch leer, so sieht es im zweiten, im „Lockdown light“, ganz anders aus: Die Menschen drängen sich oftmals dicht an dicht. Abstand halten: fast unmöglich. Derweil steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen – welche Rolle spielt der öffentliche Nahverkehr?
Während in Corona-Zeiten Abstand halten das Gebot der Stunde ist, berichtet eine MOPO-Reporterin von einer U2, in der alle Plätze besetzt sind und zahlreiche Fahrgäste danebenstehen. Auch ein MOPO-Leser wandte sich mit dem Foto einer überfüllten S-Bahn an die Redaktion.
Und die Deutsche Bahn? Die wollte gestern mit einem bundesweiten Kontrolltag erneut auf das Thema Maskenpflicht in Zügen aufmerksam machen. Hunderte Bundespolizisten und Sicherheitsmitarbeiter der Deutschen Bahn kontrollierten in ganz Deutschland die
Einhaltung.
„Inzwischen sind Verstöße die absolute Ausnahme“, teilte Personenverkehrsvorstand Berthold Huber mit. „Damit das so bleibt und sich unsere Kunden noch sicherer fühlen, erhöhen wir zu Weihnachten erneut die Kontrollen und die Sitzkapazitäten im Fernverkehr.“
Dabei ist es vor allem der Abstand, der im Nahverkehr häufig fehlt. Christoph Kreienbaum, Sprecher der Hochbahn, teilt den Grundansatz, dass sich alle dicht an dicht drängen, gegenüber der
MOPO nicht. „Zu bestimmten Hauptverkehrszeiten kann es voller sein“, räumt er ein. „Aber die Fahrgastzahlen schwanken immer noch zwischen 50 und 60 Prozent von vor Corona.“
Die Maskenpflicht sei eingeführt worden, weil der Abstand nicht immer eingehalten werden könne. Eine Begrenzung der Fahrgastzahlen hält der Hochbahn-Sprecher nicht für sinnvoll. „Das ist bei unserem offenen System überhaupt nicht darstellbar und auch nicht notwendig.“
Der Trend, dass viele aufs
Rad oder ins Auto steigen oder zu Fuß gehen, setzt sich auch im Herbst fort. Das geht auch aus einer Studie des Sozialforschungsinstituts Infas und des Wissenschaftszentrums Berlin hervor, dessen Ergebnisse dem „Spiegel“vorliegen.
„Momentan nutzen nur Menschen den öffentlichen Verkehr, die keine Alternative haben“, sagt der Mobilitätsforscher Andreas Knie dem Magazin. Also diejenigen, die nicht von zu Hause aus arbeiten können, kein Fahrzeug besitzen und ein eher geringes
Einkommen haben.
Laut der Studie liege der Anteil der Fahrgäste mit einem Nettoeinkommen bis 1300 Euro bei 15 Prozent. Bei Personen mit mehr als 2200 Euro im Monat liege dieser Wert nur noch bei drei Prozent. Vor Corona sei diese Tendenz nicht so stark ausgeprägt gewesen.
Für Kreienbaum ist der ÖPNV jedoch sicher: „Wir gehen immer noch davon aus, dass der ÖPNV keine Infektionsquelle für Corona ist“, sagt er und verweist auf die häufige Durchlüftung.