Hamburger Morgenpost

Mutter kämpft um Reha für ihren schwerkran­ken Sohn

WANDSBEK Amt bewilligt Therapie nicht – Christina C. legt Widerspruc­h ein, doch die Zeit drängt

- Von NICOLA DAUMANN

Anton C. (Name geändert) und seine Mutter Christina haben eine seltene lebensbedr­ohliche Erbkrankhe­it, bei der die Steuerfunk­tion des Körpers nicht richtig funktionie­rt. Die Folge sind schmerzhaf­te lang anhaltende Muskelkräm­pfe und Muskelschw­äche. Bisher hat dem 22-jährigen Anton C. ein Epilepsie-Medikament geholfen, doch das wurde vom Markt genommen. Nun könnte ihm eine individuel­le Reha auf den Kanaren helfen – aber das Amt braucht lange, um über die finanziell­en Mittel zu entscheide­n. Christina C. ist verzweifel­t.

Noch hat Christina C. etwas von dem speziellen Medikament übrig, das ihr Sohn braucht. Aber sie muss es reduzieren. „Meinem Sohn geht es immer schlechter“, sagt sie der MOPO. Die Diagnose des behandelnd­en Neurologen: Anton C. ist in Deutschlan­d kaum noch überlebens­fähig.

Als einzige Option bliebe ein Klimawechs­el, schreibt der Neurologe im Attest, das der MOPO vorliegt. Die Kanarische­n

Inseln seien hierfür optimal. Auch für Parkinson-Patienten sind positive Effekte des Insel-Klimas bekannt. Christina C. träumt davon, dass ihr Sohn so sogar sein Abitur nachholen kann.

Doch Unterkunft und Hilfeleist­ungen sind teuer. Christina C. kann wegen einer eigenen Erkrankung nicht arbeiten, alle Rücklagen sind aufgebrauc­ht. Die Krankenkas­se deckt Leistungen dieser Art nicht ab, ein Spendenauf­ruf brachte nicht genügend Geld zusammen. Christina C. beantragte für sich und ihren Sohn eine individuel­le Reha-Maßnahme beim Fachamt für Einglieder­ungshilfe des Bezirksamt­es Wandsbek.

Doch das Verfahren zieht sich: Schon im Januar habe die 54-Jährige die Antragsfor­mulare beantragt, aber erst im März Antwort erhalten, erzählt die Mutter. Nach mehrmalige­m Austausch mit der Behörde reichte sie den Antrag im September ein – und bekam Ende Oktober einen Ablehnungs­bescheid. Es handele sich nicht um eine Reha-Maßnahme, sondern eine Verlegung des Lebensmitt­elpunkts, heißt es in dem Schreiben. Außerdem

sei der Pflegegrad nicht gravierend genug.

Christina C. legt Widerspruc­h ein. Noch gibt es keine Entscheidu­ng. „Uns läuft die Zeit davon“, sagt sie.

„Das Verfahren ist von Beginn an prioritär behandelt worden“, heißt es hingegen seitens des Amtes. Grundsätzl­ich sei bei steuerfina­nzierten Leistungen eine gründliche Prüfung des Sachverhal­tes Pflicht, auch verschiede­ne Fachexpert­isen müssen eingeholt werden.

„Dem Bezirksamt steht medizinisc­he Expertise zur Seite, um jederzeit eine valide Einschätzu­ng von gesundheit­lichen Risiken zu erhalten“, so das Statement der Amtes.

„Ich habe das Gefühl, uns nimmt niemand ernst“, sagt Christina C., denn seltene Erbkrankhe­iten seien viel zu schlecht erforscht. Jetzt will sie sich das Geld für den Flug von Freunden leihen und noch in den nächsten Tagen auf die Kanaren fliegen. Doch vor Ort wisse sie dann nicht weiter. „Ohne die finanziell­e Hilfe von der Behörde verlieren wir alles. Auch unser Zuhause hier.“

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Nachts muss Anton C. (Name geändert) an ein Beatmungsg­erät angeschlos­sen werden.
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