„Die Leute sollen durch Kleidung ins Gespräch kommen“
Unternehmerin Toni Meiswinkel spricht über den Nerv der Zeit
„Wie ist die Lage?“heißt der (fast) tägliche Podcast der Gute Leude Fabrik und der Hamburger Morgenpost. Darin spüren wir tagesaktuellen Fragen nach – zu Wort kommen Macher, Musikerinnen, Models, Mütter und Politiker, genau wie Helfer, Schwestern, Schweißer, Freiberufler. Die Auswahl ist rein subjektiv, aber immer spannend und überraschend. Heute macht dies „Bäderland“möglich. Die Gespräche finden über das Telefon statt. In der aktuellen Folge spricht PR-Profi Lars Meier mit Toni Meiswinkel, Jungunternehmerin, Gründerin des nachhaltigen Modelabels „Wearing Facts“und Kämpferin für eine bessere Welt.
Lars Meier: Liebe Toni, in den letzten Tagen habe ich immer wieder Leute mit Sweatshirts gesehen, auf denen Nummern sind. Dahinter steckst du mit deiner Firma „Wearing Facts“! Toni Meiswinkel:
Richtig, das ist das nachhaltige Modelabel, mit dem ich mich selbstständig gemacht habe. Wir bedrucken T-Shirts, Hoodies und Longsleeps mit Zahlenkombinationen oder Zeichen, die für gewisse gesellschaftliche Missstände stehen. Zu einem Kleidungsstück erhält man ein Fact-Sheet mit den fünf wichtigsten Informationen zum Thema. Wir machen zum Beispiel etwas zum Weltfrauentag, gegen sexuelle Gewalt an Kindern, zum Thema Gender – sind also breit gefächert. Das Ziel ist, dass die Leute durch die Kleidung ins Gespräch kommen und informiert werden. Ein Teil des Erlöses kommt einer sozialen Organisation zugute – im Moment ist das das sechste autonome Frauenhaus hier in Hamburg.
Auf euren Kleidungsstücken sind nicht nur Daten, sondern auch richtige Fakten abgedruckt. Beispielsweise?
Die Zahl 20 000 – sie steht für die Höchstzahl an Flüchtlingen, die in Moria eingepfercht war, dem Lager in Griechenland. So wollten wir darauf aufmerksam machen, dass so etwas direkt vor der eigenen Haustür passiert. 15 936 ist die offizielle Zahl der Kinder, die 2019 in Deutschland Opfer von sexueller und sexualisierter Gewalt wurden, wobei man von einer weit höheren Dunkelziffer ausgeht. All diese Informationen findet man dann auf so einem Fact-Sheet.
Du hast das Label im Oktober gegründet, also mitten in der Krise. Warum machst du einen Laden auf, wenn alle anderen zumachen?
Das Label trifft einfach den Nerv der Zeit, weil gerade so viele soziale Bewegungen aufgekommen sind. Auf die Idee bin ich durch mein Studium gekommen – ich studiere Politikwissenschaften und während eines Seminars zum Thema Normenforschung haben wir viel über Gewalt an Frauen gesprochen. Ich wollte etwas Gutes tun und habe einfach angefangen – der Zeitpunkt war eher zufällig.
Bringt dich deine Selbstständigkeit jetzt nicht von deinem eigentlich angestrebten Weg ab?
Ich kann mir sehr gut vorstellen, da dranzubleiben, wenn es gut läuft. Trotzdem strebe ich weiterhin den Studienabschluss an – gerade schreibe ich an meiner Bachelorarbeit. Ein genaues Ziel habe ich aber noch nicht vor Augen und bin gespannt, wo der Weg mich hinführt.
Verrate uns doch bitte zum Abschluss, wann der nächste Aktionstag deines Labels stattfindet.
Das kann ich noch gar nicht genau sagen, es ist einiges in Planung. Es wird etwas zum Welttrinkgeldtag geben, das kann ich schon mal sagen – ansonsten werdet ihr über unsere Webseite und unseren Instagram-Kanal auf dem Laufenden gehalten. Zu Weihnachten wird es auch ein Gewinnspiel geben!