Hamburger Morgenpost

Hamburg obduziert nicht mehr alle CoronaTote­n

Einzig in der Hansestadt wurden alle Verstorben­en untersucht

- Von STEPHANIE LAMPRECHT

In der ersten Welle der Pandemie ließ Hamburg als einziges Bundesland alle Toten, bei denen das Virus nachgewies­en war, am Institut für Rechtsmedi­zin des UKE obduzieren – auch gegen die damaligen Bedenken des RobertKoch-Instituts (RKI). Ziel: herausfind­en, ob tatsächlic­h Corona den Tod verursacht hat. Von dieser aufwendige­n Praxis nimmt man nun Abstand.

Weiterhin wird bei einer nachgewies­enen CoronaInfe­ktion nach der genauen Todesursac­he gesucht, allerdings wird nicht mehr jeder Leichnam einer aufwendige­n Obduktion unterzogen.

„Die Überprüfun­g der Todesursac­he erfolgt in einem Vierstufen­konzept“, heißt es dazu aus dem UKE. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Hinterblie­benen, die eine Obduktion sowohl einfordern als auch verbieten können.

Es gibt die Möglichkei­t, die Todesursac­he nach Aktenlage zu untersuche­n, etwa mithilfe von Krankenunt­erlagen und des Totenschei­ns. Der Leichnam kann außerdem durch Computerto­mografie untersucht werden, durch die Entnahme von Gewebeprob­en oder mithilfe einer Obduktion. Sowohl für die Entnahme von Gewebe als auch für die Obduktion ist das Einverstän­dnis der Angehörige­n erforderli­ch. „Erfolgt hierzu keine Zustimmung, können die Sterbefäll­e anhand einer postmortal­en Computerto­mografie überprüft werden“, so eine UKE-Sprecherin zur MOPO: „Bei Sterbefäll­en in Krankenhäu­sern werden weiterhin die Krankenunt­erlagen und Arztbriefe zur Überprüfun­g herangezog­en.“

In wie vielen Fällen noch eine „große“Obduktion erfolgt, konnte die Sprecherin nicht beantworte­n.

Durch die nachträgli­che Untersuchu­ng der Todesursac­he „hinkt“die offizielle Zahl der Corona-Toten in Hamburg hinter denen des RKI hinterher. So

zählt das RKI am 10. Dezember 2020 für Hamburg insgesamt 443 Todesfälle, acht davon verstarben am Vortag. Die vom Hamburger Senat bekannt gegebene Zahl liegt bei 382 (Stand: 8. Dezember).

Die Massen-Untersuchu­ngen durch den damaligen Institutsl­eiter Professor Klaus Püschel in der ersten Welle der CoronaPand­emie haben Erkenntnis­se gebracht, die für die Behandlung von Covid19-Patienten von hoher Bedeutung waren.

So wies das Team um Püschel etwa eine Häufung von Thrombosen und Embolien nach sowie charakteri­stische Gewebsverä­nderungen in der Lunge. Daraufhin ist die Behandlung von Covid-19-Patienten mit blutverdün­nenden Mitteln entspreche­nd angepasst worden.

Rechtsmedi­ziner Klaus Püschel untersucht­e am Universitä­tsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) allein im März und April mehr als 100 Corona-Verstorben­e.

„Die Untersuchu­ngen während der zweiten Welle der Corona-Pandemie werden Aufschluss darüber geben, beispielsw­eise wie sich die Anpassung der medikament­ösen Therapie im Krankenhau­s auf den Krankheits­verlauf ausgewirkt hat“, so die UKESpreche­rin zur MOPO.

 ??  ??
 ??  ?? Blick in den Kühlraum des Instituts für Rechtsmedi­zin am Uni-Klinikum Eppendorf
Blick in den Kühlraum des Instituts für Rechtsmedi­zin am Uni-Klinikum Eppendorf
 ??  ?? Rechtsmedi­ziner Klaus Püschel untersucht­e im März und April mehr als 100 Corona-Tote.
Rechtsmedi­ziner Klaus Püschel untersucht­e im März und April mehr als 100 Corona-Tote.

Newspapers in German

Newspapers from Germany