Hamburger Morgenpost

Gedenken an die Opfer von Rassismus

Vor 35 Jahren wurde der 26-Jährige von Neonazi-Skinheads getötet. Kundgebung am Montag

- Von OLAF WUNDER

Am kommenden Montag gedenkt Hamburg der Opfer rassistisc­her Gewalt. An diesem Tag jährt sich zum 35. Mal der Angriff einer Horde neonazisti­scher Skinheads auf den Türken Ramazan Avcı. Der 26-Jährige starb drei Tage später, Heiligaben­d 1985, an den Folgen seiner schweren Kopfverlet­zungen.

Ramazan Avcı war eines der ersten Opfer rassistisc­her Gewalt in der Bundesrepu­blik. An der Gedenkvera­nstaltung auf dem nach ihm benannten Platz vor dem S-Bahnhof-Landwehr werden am Montag Familienan­gehörige Avcıs, aber auch Hinterblie­bene anderer neonazisti­scher Gewaltakte teilnehmen. Erwartet werden unter anderem Angehörige von Yeliz Arslan, Ayse Yılmaz sowie Bahide Arslan, die dem rechtsextr­emistische­n Mordanschl­ag von Mölln 1992 zum Opfer fielen, sowie Angehörige von Gökhan Gültekin, einem der Opfer des rassistisc­hen Mordanschl­ags vom 19. Februar 2020 in Hanau.

Die Veranstalt­er haben 100 Teilnehmen­de angemeldet. Falls es neue Absprachen mit der Versammlun­gsbehörde geben sollte, wird über die aktuelle Lage auf der Facebook-Seite „Zu Gedenken an Ramazan Avci“informiert. Bei der Gedenkvera­nstaltung gelten die üblichen Corona-Regeln: Ein Mindestabs­tand von 1,5 Metern muss eingehalte­n werden. Ein Mund-Nasen-Schutz ist durchgehen­d zu tragen. Die Veranstalt­ung auf dem Ramazan-AvcıPlatz beginnt um 18 Uhr.

Zur Erinnerung: Avcı feierte am 21. Dezember 1985 mit ein paar Freunden seinen 26. Geburtstag, bevor er noch mal loszog. Er wollte sein Auto verkaufen, denn er brauchte Geld für ein Kinderbett: Seine Verlobte war hochschwan­ger.

Gegen 23 Uhr war Ramazan gemeinsam mit seinem Bruder Veli und einem Freund auf dem Heimweg. In der Nähe des SBahnhofs Landwehr warteten sie an einer Haltestell­e auf den Bus. Was die drei nicht wissen konnten: Direkt gegenüber befand sich ein berüchtigt­er Skinhead-Treff. Es kam zu einem erbitterte­n

Streit. Die drei

Türken ergriffen die Flucht. Während sich seine zwei Begleiter in einen

Bus retten konnten, prallte Avcı auf der vielbefahr­enen Wandsbeker Chaussee mit einem Auto zusammen, blieb wehrlos auf der Fahrbahn liegen, wo vier Angreifer gnadenlos mit Gummiknüpp­eln und einem Axtstiel auf ihn einschluge­n. Einer sprang sogar auf den Kopf des längst bewusstlos­en Mannes.

Avcıs Tod beherrscht­e für Wochen die Schlagzeil­en – geriet dann aber bald in Vergessenh­eit. Das änderte sich erst, als sich vor zehn Jahren die Initiative zum Gedenken an Ramazan Avcı gründete. Sie setzte sich später dann auch mit der Forderung durch, den Tatort am SBahnhof Landwehr in Ramazan-Avcı-Platz umzubenenn­en.

 ??  ?? Gülüstan Ayaz mit einem Foto ihres 1985 getöteten Verlobten Ramazan Avcı. NeonaziSki­nheads erschlugen ihn am S-Bahnhof Landwehr.
Gülüstan Ayaz mit einem Foto ihres 1985 getöteten Verlobten Ramazan Avcı. NeonaziSki­nheads erschlugen ihn am S-Bahnhof Landwehr.
 ??  ?? Süleyman Tasköprü wurde 2001 in der Schützenst­raße in Bahrenfeld erschossen: Er ist eins der Opfer der Terrorgrup­pe NSU.
Süleyman Tasköprü wurde 2001 in der Schützenst­raße in Bahrenfeld erschossen: Er ist eins der Opfer der Terrorgrup­pe NSU.

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