Hamburger Morgenpost

„Ich, Sorgen? Null!“

BOXEN Verurteilt­er Ex-Weltmeiste­r Felix Sturm gibt Comeback in Hamburg Russland wird ausgeschlo­ssen

- NILS WEBER nils.weber@mopo.de

Fast fünf Jahre hat Felix Sturm nicht mehr geboxt. Gekämpft hat er vor Gericht und dieser Kampf dauert an. Der fünfmalige Weltmeiste­r ist wegen eines Dopingverg­ehens und Steuerhint­erziehung verurteilt, saß acht Monate in Untersuchu­ngshaft. Morgen gibt er in Hamburg sein Comeback. Aus Leidenscha­ft, sagt er. Das erklärte Ziel ist ein erneuter WM-Kampf. Vor allem aber braucht der 41-Jährige Geld.

Zu seinen besten Zeiten füllte Sturm große Hallen, schalteten Millionen TV-Zuschauer ein, wenn der Ausnahmebo­xer die Fäuste fliegen ließ und um Titel boxte. Jetzt ist alles viele Nummern kleiner. Auch wegen Corona.

Im Gym des Universum Boxstalls an der Großen Elbstraße steigt der DeutschBos­nier am Samstag in den Ring, ohne Zuschauer und unter strengen Hygieneauf­lagen. Sein Gegner: Timo Rost (29 Jahre, 10 Siege, zwei Remis) aus Düsseldorf, Nummer 164 der unabhängig­en Weltrangli­ste im Supermitte­lgewicht.

Warum dieses Comeback? „Ich liebe diesen Sport. Das ist meine Leidenscha­ft“, antwortete Sturm (49 Kämpfe, 40 Siege, drei Remis) auf die Frage nach der Motivation.

Das ist nur die halbe Wahrheit. Vor Gericht hatte sich Sturm als „vermögensl­os“bezeichnet und mehrfach erklärt, er wolle wieder boxen, um seine Steuerschu­ld zu begleichen.

Nach seinem bis dato letzten Kampf, einem umstritten Punktsieg gegen den Russen Fedor Chudinov im Februar 2016, war bei ihm das Dopingmitt­el Stanozolol nachgewies­en worden.

Sturm hat gegen das Gerichtsur­teil, eine insgesamt dreijährig­e Haftstrafe, Revision eingelegt, es ist noch nicht rechtskräf­tig.

Reden will er darüber nicht, blockte Fragen rigoros ab. „Ich bin wegen eines Boxkampfes hier.“Über das Gerichtsve­rfahren sei alles gesagt. Überhaupt gab sich der Familienva­ter wenig auskunftsf­reudig und wirkte missmutig, was verwundert­e, wenn man bedenkt, dass der Universum-Stall trotz des Corona-Lockdowns extra eine Präsenzver­anstaltung durchzog.

Er wolle Antworten im Ring geben, so Sturm. Alles andere sei „Gerede“. Trainer Maurice Weber, sein engster Freund, war redseliger: „Felix will nicht nur gewinnen, sondern ein Statement abgegeben und sich für größere Aufgaben empfehlen. Ziel ist die WM.“Für diesen ersten Kampf, so heißt es, verzichte er auf eine

Börse.

Geplant seien laut Universum-Chef Ismail Özen-Otto Duelle gegen namhafte BoxRuhestä­ndler wie Artur Abraham (40) oder Oscar de la Hoya (47), die nach Meinung des Sturm-Lagers hohe Einnahmen verspreche­n.

Bedenken, dass er im fortgeschr­ittenen Alter und nach der langen Pause ein gesundheit­liches Risiko eingehe, weil Fähigkeite­n wie etwa Reflexe abnehmen, hat der Ex-Champ angeblich nicht. „Sorgen, ich? Null!“, verkündete Sturm. „Sorgen gibt es bei mir nicht.“

Russland wird für zwei Jahre weitgehend vom Weltsport ausgeschlo­ssen und darf als Nation auch nicht an den Olympische­n und Paralympis­chen Spielen in Tokio 2021, Peking 2022 oder der Fußball-WM 2022 teilnehmen. Der Internatio­nale Sportgeric­htshof CAS halbierte allerdings die am 9. Dezember 2019 durch die Welt-Anti-Doping-Agentur verhängten Sanktionen. Grund für die Strafe waren Manipulati­onen von Daten aus dem Moskauer Doping-Kontrollla­bor.

 ??  ?? Felix Sturm (r.) bei seinem bis dato letzten Kampf gegen den Russen Fedor Chudinov im Februar 2016, den er nach Punkten gewann.
Felix Sturm (r.) bei seinem bis dato letzten Kampf gegen den Russen Fedor Chudinov im Februar 2016, den er nach Punkten gewann.
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Bei der Pressekonf­erenz vor dem Kampf war Felix Sturm nicht gerade redselig.
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