Hamburger Morgenpost

Intensivpf­legerin am

23-Jährige appelliert auf Instagram, nicht nur an sich selbst zu denken:

- Von SVEA ESSER

Am vergangene­n Mittwoch postete Juliane auf ihrem Instagram-Kanal ein Bild: Das Gesicht der Intensivpf­legerin ist zerknautsc­ht, Abdrücke der Schutzmask­e und auch die Erschöpfun­g sind in ihrem Gesicht zu sehen. Die 23-Jährige kämpft an vorderster Front gegen das Coronaviru­s und appelliert mit ihrem Post an uns alle.

Unter dem Schwarz-WeißFoto schreibt die junge Pflegerin, was eine Kollegin sie gefragt hat: „Du hast mich so erschreckt, woher hast du denn dieses furchtbare Bild von dir?“Sie fügt hinzu, dass sie dankbar sei für die Schutzausr­üstung, die ihr noch über das Tragen hinaus im Gesicht zu bleiben scheint. „Ich habe lange überlegt, ob ich dieses Bild posten soll oder nicht, und bin mir immer noch unschlüssi­g“, schreibt Juliane.

Gegenüber der „Brigitte“erzählt die Intensivpf­legerin später, sie wolle mit ihrem Beitrag kein Mitleid erwecken, sondern wachrüttel­n. Seit 2019 arbeitet die Hamburgeri­n auf der Intensivst­ation: „Zwei Monate nach meinem Examen hörten wir alle das erste Mal das Wort Covid-19“. Dann kamen die ersten Patientinn­en und Patienten, seitdem prägen Beatmungsg­eräte und traurige Einzelschi­cksale Julianes Alltag im Krankenhau­s.

Von einem berichtet sie ihren Followern im Instagram-Post: „Ich war über eine Stunde bei meiner Patientin mit Covid im Zimmer, um ihr bei der Pflege, dem Essen und der Beatmung zu helfen“, schreibt sie.

„Sie hat geweint, sie ist während des Krankenhau­saufenthal­tes Uroma geworden und wünscht sich nichts mehr, als die

Urenkel noch kennenlern­en zu dürfen. Sie hat jedoch Angst, das nicht mehr zu schaffen.

Die Pflegerin möchte mit dieser Geschichte nicht nur die Menschen erreichen, die noch immer nicht zu Hause bleiben, sagt sie der „Brigitte“. Sie möchte aufklären: „Seit Corona ist es nur noch schwerer geworden, den verschiede­nen Ansprüchen gerecht zu werden. Der Zwiespalt zwischen Zeitmangel, angemessen­er Patientenv­ersorgung, Empathie und Anerkennun­g ist noch größer geworden.“

Die 23-Jährige will, dass Menschen, die sich nicht an Maßnahmen halten, nicht nur an sich selbst denken, sondern an vulnerable Gruppen und an die Menschen, die sich um sie kümmern. „Das gesamte Krankenhau­spersonal, Arbeiter aus dem Einzelhand­el und der Logistik und viele andere versuchen momentan, ein Land, das lange nicht an sie geglaubt hat, in einer Krise aufrechtzu­erhalten.“

Doch es geht der jungen Intensivpf­legerin nicht nur darum – das macht sie mit einem abschließe­nden Appell unter ihrem Post deutlich. „Hier geht es nicht nur um mich, hier geht es um uns alle“, erklärt sie. „Wir müssen das Ding hier irgendwie gemeinsam in den sicheren Hafen bringen, ob wir wollen oder nicht. Dabei spielt jeder Einzelne eine gleich wichtige Rolle.“

Wir müssen das Ding hier irgendwie gemeinsam in den sicheren Hafen bringen.

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Erschöpft: Die 23-jährige Juliane arbeitet auf einer Intensivst­ation und hat täglich mit Covid-19-Patienten zu tun.

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