Im Epizentrum
Was eine junge Hamburgerin im Londoner Corona-Chaos erlebt +++ Was Virologe Drosten zu dem mutierten Virus sagt +++ Wo jetzt in Hamburg überall neue Testzentren eröffnet wurden:
Kristina Neckel (34) ist Filmproduzentin und lebt seit zehn Jahren in London.
Weihnachten ist in diesem Jahr, sagen wir: anders. Mein Freund Andrew und ich wollten eigentlich mit ganz vielen Freunden feiern, das fällt jetzt natürlich flach. Stattdessen gehen wir kaum noch aus dem Haus. Die Lage ist viel ernster, als wir zunächst gedacht haben.
Als wir zum ersten Mal von dieser Mutation gehört haben, waren wir nämlich relativ entspannt. Erst als wir dann erfuhren, dass wir Weihnachten nur noch an einem Tag und mit einem Haushalt feiern dürfen, wurde uns richtig mulmig. Da wurde uns klar: Es ist wohl doch ziemlich heftig. Wir versuchen jetzt, uns bestmöglich zu isolieren. Unser Cockerspaniel Frank rettet uns in diesen Zeiten das Leben – weil er uns zwingt, jeden Tag unsere Spaziergänge mit ihm zu machen.
Ich hatte bereits Corona und weiß, wie schlimm das ist. Sieben Tage lang lag ich mit 40 Grad Fieber im Bett. Ich habe im Krankenhaus angerufen, weil ich Angst hatte. Aber solange du da noch anrufen kannst, sagen sie dir hier: „Dann bist du nicht krank genug, um aufgenommen zu werden.“Ich habe echt gekämpft und finde besonders wichtig, dass man das nicht auf die leichte Schulter nimmt. Und jetzt ist da diese Mutation, und es heißt ja auch, dass man das Virus erneut bekommen kann.
Natürlich hört man von den Lieferengpässen – ich habe aber keine Angst davor, dass bestimmte Güter nicht mehr bei uns hier in London ankommen oder wir irgendwann hungern müssen. Bisher bekommen wir noch alles, was wir brauchen, obwohl die Engländer, genau wie die Deutschen, auch schon im ersten Lockdown Klopapier gehortet haben und das dann ausverkauft war.
Man muss schon sagen, dass wir ja extrem verwöhnt sind – ob nun in Deutschland oder in Großbritannien. Wenn man jetzt auf ein bestimmtes Produkt mal zwei Tage länger warten muss, ist das auch nicht gleich ein riesiges Problem. Das Hamstern hat aber schon wieder angefangen – ich bekomme das aber gar nicht so mit.
Wir bestellen uns die Lebensmittel direkt nach Hause, das ist jetzt der große Trend hier in London.
Dass wir nicht mehr reisen können, ist natürlich hart – ich wollte im Januar für einen Job nach Mallorca, aber ich finde es richtig, dass der Flugverkehr eingestellt wird – lieber sofort und konsequent handeln als das Ganze hinauszögern. Wie der Engländer sagt: Better safe than sorry.
Ich bin jedes Jahr über Weihnachten nach Hamburg geflogen. Dieses Jahr haben wir schon frühzeitig entschieden, das nicht zu machen. Nach Australien zu Andrews Familie gibt es gar keine Flieger mehr. Und selbst wenn: Er müsste dort zwei Wochen in Quarantäne – in ein Hotel, das er selber bezahlen müsste. Das macht überhaupt keinen Sinn.
Was den Brexit angeht, der ja auch noch dazukommt: Wir haben schon Sorge vor dem, was passiert. Weil Boris Johnson so unberechenbar ist. Aber trotz allem lieben wir unser Leben hier und hoffen jetzt auf 2021.
Die eine lebt seit vielen Jahren in London, die andere macht nun schon den zweiten Lockdown im Vereinigten Königreich mit. Erst kam die Pandemie, jetzt auch noch die Corona-Mutation und damit die Abschottung Großbritanniens. Der MOPO berichten Kristina Neckel (34) aus Hamburg und Jess Davis (20) aus Tansania, wie sie mit dem Ausnahmezustand zu Weihnachten in London leben.