RuhEstänDlEr zurüCk in DiE KrankEnhäusEr!
Gerald Gaß, Chef der Krankenhausgesellschaft, fordert mehr Personal
BERLIN - Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) rechnet im Januar mit 6000 an Covid-19 erkrankten Intensivpatienten. DKG-Präsident Gerald Gaß ruft Pflegepersonal im Ruhestand dazu auf, die früheren Kolleginnen und Kollegen wieder zu unterstützen. Das Klinikpersonal ist nach einem Jahr Pandemie ausgelaugt.
Sind die Krankenhäuser auf die Feiertage ausreichend vorbereitet?
Gerald Gaß: Die Krankenhäuser sind ausreichend vorbereitet. Wir müssen aber zunehmend das Regelsystem zurückfahren. Nicht nur die Charité in Berlin muss planbare Eingriffe bis in den Januar hinein absagen. Das gilt auch für viele andere Krankenhäuser deutschlandweit. Die Patienten der Regelversorgung müssen warten und müssen sich gedulden. Die Krankenhäuser müssen Personal von verschiedenen Stationen zusammenziehen, um es auf den Infektionsund den Intensivstationen einsetzen zu können.
Sie haben kürzlich korrekt vorhergesagt, dass man Weihnachten die Zahl von 5000 Intensivpatienten erreicht haben wird. Was erwartet uns in den nächsten Wochen?
Aktuell liegt die Zahl der Intensivpatienten mit Covid19 bei 5100. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl im Januar auf 6000 steigen wird.
Ist die normale Notfallversorgung über die Feiertage gesichert – also können Knochenbrüche und Herzinfarkte versorgt werden?
Ja. Die Lage ist aber so angespannt, dass sich einzelne Krankenhäuser aufgrund der hohen Belastung und
der gleichzeitigen Quarantäne vieler Mitarbeiter aus der Notfallversorgung abmelden. Dann müssen die Rettungswagen andere Häuser anfahren.
Wird das Böllerverkaufsverbot Silvester die Kliniken entlasten?
Alles, was zu Silvester nicht passiert, entlastet die Kliniken. Diejenigen, die sich beim Böllern verletzen, machen in der Regel nicht die hohen Zahlen in den Notaufnahmen aus. Es sorgen eher diejenigen für Krankenhauseinweisungen, die zu viel Alkohol trinken und dann in Streit geraten oder sich in anderer Weise verletzen. Ich gehe davon aus, dass es ein ruhiges Silvester werden wird und dass dadurch weniger Zwischenfälle passieren, die zu Krankenhauseinweisungen führen.
Das Klinikpersonal hat ein hartes Jahr 2020 hinter sich. Wie groß ist das Ausmaß der personellen Engpässe in den Krankenhäusern?
Im Sommer mussten die Krankenhäuser erst einmal damit beginnen, die planbaren Eingriffe abzuarbeiten, die im Frühjahr liegen geblieben waren. Deshalb war für das Krankenhauspersonal auch der Sommer anstrengend. Die Belastung ist hoch. Die Mitarbeiter sind zum Teil sehr erschöpft. Erschwerend kommt hinzu, dass Pflegepersonal und Ärzte derzeit keine Perspektive haben, wann sie mal eine Pause machen können. In den nächsten drei bis vier Monaten ist das nicht absehbar. Dadurch entsteht auch eine psychische Belastung. Wenn man weiß, dass man nur noch eine kurze Zeitspanne durchhalten muss, geht man mit einer hohen Belastung anders um. Die Belastung für das Krankenhauspersonal wird aber erst noch einmal zunehmen. Deshalb kann ich nur meinen Dank und meinen Respekt denjenigen ausdrücken, die sich Tag und Nacht um die Patienten kümmern.
Gibt es etwas, was man kurzfristig tun kann, um das Krankenhauspersonal zu entlasten?
Einzelne Krankenhäuser rufen dazu auf, dass Mitarbeiter, die gerade erst in den Ruhestand gegangen oder aus anderen Gründen in einer beruflichen Auszeit sind, nach Möglichkeit zumindest vorübergehend zurückkehren sollen. Solche Appelle unterstütze ich. Sinnvoll ist das aber nur bei Leuten, die noch nicht lange aus dem Beruf raus sind und noch das Erfahrungswissen des aktuellen Krankenhausbetriebs haben.