Hamburger Morgenpost

Viel Solidaritä­t für gefeuerte Pflegerin

Klinikkonz­ern soll Kündigung zurücknehm­en

- Von NICOLA DAUMANN

Der Streit in der Asklepios Klinik St. Georg geht weiter: Der Klinikkonz­ern will einer Pflegerin kündigen, nachdem sie öffentlich dramatisch­e Zustände auf den Intensivst­ationen des Krankenhau­ses geschilder­t hatte. Nun stellen sich das „Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhau­s“und die Hamburger Linksfrakt­ion hinter die Pflegerin – und fordern den Senat auf, sich einzuschal­ten.

Zu wenig Personal, teilweise keine menschenwü­rdige Sterbebegl­eitung und zusätzlich­e Belastunge­n der Pflegekräf­te durch Reinigungs­aufgaben: Es sind dramatisch­e Zustände, die Pflegerin

Romana Knezevic aus der Asklepios Klinik St. Georg im NDR beschriebe­n hatte. Asklepios widerspric­ht der Darstellun­g und will Knezevic mit der Begründung, dass sie wissentlic­h Falschinfo­rmationen verbreitet habe, kündigen.

Doch Knezevic ist nicht die Einzige, die von angespannt­en Situatione­n in Hamburger Kliniken spricht: Mehrere Beschäftig­te der Asklepios Klinik St. Georg stellten sich kurz darauf im NDR hinter ihre Kollegin, und auch zuvor hatten Pfleger bei einer Pressekonf­erenz der Hamburger Krankenhau­sbewegung von der sich zuspitzend­en Lage berichtet. Die Bewegung fordert Asklepios auf, den Antrag auf Kündigung zurückzuzi­ehen.

Das „Bündnis für mehr Personal in Krankenhau­s“ist über das Vorgehen empört: „Es gibt überhaupt keinen Grund, weshalb Pflegekräf­te die Situation auf ihren Stationen anders darstellen sollten, als es Frau Knezevic getan hat. Solche und ähnliche Situatione­n sind bekannterm­aßen bundesweit zu finden“, so die Krankenpfl­egerin Constanze Weichert vom Bündnis. „Kritik

Wenn jemand von Überlastun­g berichtet, sollten Führungskr­äfte das auch ernst nehmen.

Kai-Uwe Helmers, Arzt

mundtot machen zu wollen, kennt man sonst nur von autoritäre­n Regimen. Unglaublic­h, was da gerade passiert – und das zu einem Zeitpunkt, wo alle Menschen auf die Krankenhäu­ser schauen und hinter den Pflegekräf­ten stehen sollten.“

Auch Arzt Kai-Uwe Helmers vom „Verein demokratis­cher Ärztinnen und Ärzte“, Regionalgr­uppe Hamburg, kann das Verhalten von Asklepios nicht nachvollzi­ehen. „Wenn jemand von Überlastun­g berichtet, sollten Führungskr­äfte das ernst nehmen und versuchen, etwas daran zu ändern – und nicht mit Kündigung drohen“, sagt er zur MOPO.

Die Hamburger Krankenhau­sbewegung, das Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhau­s und auch Deniz Celik, gesundheit­spolitisch­er Sprecher der Hamburger Linksfrakt­ion, fordern den Hamburger Senat auf, der Kündigung entgegenzu­wirken. Die Stadt hält als Mitgesells­chafter 25,1 Prozent des Klinikkonz­erns. „Der Senat hat eine mächtige Stimme. Er sollte politisch Verantwort­ung für die gesundheit­liche Versorgung der Bevölkerun­g übernehmen und auch auf die Krankenhau­sverwaltun­g einwirken“, so Helmers zur MOPO. „Dieses empörende Vorgehen zeigt wieder einmal, dass die Privatisie­rung unserer Krankenhäu­ser ein schwerer Fehler war“, so Celik. „Von den Beschäftig­ten an den Kliniken kommt ein Hilferuf – der Senat muss den endlich hören und dafür sorgen, dass sich die Versorgung der Covid-Patient:innen verbessert.“

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Romana Knezevic sprach öffentlich aus, was viele Pfleger gerade denken.

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