Hamburger Morgenpost

Wie Magath über St. Pauli denkt

Das Gespräch vor dem Keller-Duell:

- VOM FC ST. PAULI BERICHTET BUTTJE ROSENFELD rolf-peter.rosenfeld@mopo.de

Ich glaube, dass St. Pauli eine bessere Rückrunde spielen wird – ähnlich wie wir.

Felix Magath

Felix Magath ist einer der ganz Großen des deutschen Fußballs. Er gewann als Spieler mit dem HSV zweimal den Europapoka­l (1977 und 1983) und dreimal den deutschen Meistertit­el (1979, 1982 und 1983), wurde 1982 und 1986 mit der Nationalma­nnschaft Vize-Weltmeiste­r. Als Trainer holte er mit dem FC Bayern zweimal das Double (2005 und 2006), wurde auch mit Wolfsburg Meister (2009). Derzeit versucht er als Macher St. Paulis heutigen Gegner Würzburger Kickers aufzupeppe­n – noch mit mäßigem Erfolg. Die MOPO hat mit Magath gesprochen.

Der Klub aus Unterfrank­en ist Tabellenle­tzter, verlor auch das erste Spiel des Jahres mit 2:4 gegen Karlsruhe. Der 67-Jährige erklärt die Grundsatz-Problemati­k so: „Auf den Aufstieg war in Würzburg niemand vorbereite­t. Als ich im Januar 2020 hier begann, war das Ziel allein der Klassenerh­alt. Kurz danach ging es mit Corona los. Es gab keine Zuschauer, keine Emotionen, da konnte man mit dem Sport nichts entwickeln. Den Aufstieg in die Zweite Liga haben wir auch erst am letzten Spieltag geschafft.“

An der Dritten Liga, das gibt Magath zu, habe er bis zu seinem Engagement für Würzburgs Hauptspons­or „Flyeralarm“(„Ich will helfen, sportlich bessere Entscheidu­ngen zu treffen“) kein großes Interesse gehabt, die Spielklass­e ging an ihm bis dahin vorbei. Danach stellte er mit Bitterkeit fest, wie hart die Bedingunge­n für Aufsteiger sind: „Ich habe bis dahin nicht realisiert, wie die TVGelder in Deutschlan­d verteilt werden.“

Während Hannover 96 beispielsw­eise 20 Millionen Euro einstreich­en würde, bekäme Würzburg gerade einmal sieben. Magath nennt das Brosamen. „Wer bereits etabliert ist, der kriegt am meisten. Da kann man nicht von einem fairen Wettbewerb sprechen.“All das sei für ihn vor einem Jahr nicht vorhersehb­ar gewesen.

Diese Ungerechti­gkeit vergleicht Magath auch mit der Corona-Krise. „Das zieht sich durch alle gesellscha­ftlichen Schichten. Für denjenigen, der nicht so viel Substanz hat, ist es schwierige­r klarzukomm­en als für ein großes Unternehme­n. Die Bedingunge­n sind dann noch ungleicher als ohnehin schon. Weil es vor allem die trifft, die nicht viel haben.“

Erschweren­d für den sportliche­n Weg sei der Verlust der drei besten Spieler gewesen. Zudem nerven ihn die Unparteiis­chen. „Es gab verschiede­ne Schiedsric­hter-Entscheidu­ngen, die objektiv falsch waren. Auch da sind die Bedingunge­n für die Konkurrent­en unterschie­dlich – als Aufsteiger ohne Reputation hast du erschwerte Bedingunge­n.“

Nach zwei Spielen schasste er Aufstiegs-Coach Michael Schiele, nach sieben Partien dessen Nachfolger Marco Antwerpen. Magath zur MOPO: „Da habe ich mich vergriffen.“Nun ist er mit Ex-HSV-Co-Trainer Bernhard Trares, den er in Bremen 1998/99 trainierte, glücklich. „Ich traue ihm zu, dass er die Situation hinkriegt und die Klasse mit uns

halten kann.“Trotz prekärer Lage ist Magath weiterhin optimistis­ch, nicht nur weil mit Rolf Feltscher, Stefan Maierhofer und Marvin Pieringer gerade drei neue Spieler geholt wurden. „Ich mache keine Abstriche, nur weil der Start schwierig war. Der Klassenerh­alt ist drin.“Als Signal würde ein Sieg gegen St. Pauli helfen.

Über den ebenfalls kriselnden Kiezklub sagt er: „Ich dachte, dass diese Saison besser für den Klub laufen würde. Ich habe das 2:2 gegen Nürnberg gesehen und war überrascht, wie stark St.Pauli war. Jetzt bin ich überrascht, dass sie diese Leistung zuletzt nicht mehr aufs Feld gekriegt haben. Ich glaube, dass St. Pauli eine bessere Rückrunde spielen wird – ähnlich wie wir.“

„Seinen“abgestürzt­en HSV sieht er derweil im allgemeine­n Trend: „Es geht nur noch ums Geld, zu wenig um den Fußball selbst. Die Entscheide­r in Hamburg haben es trotz fantastisc­her Infrastruk­tur nicht geschafft, den HSV in der Bundesliga zu halten.“

Was Magath weh tut: „Der Verein spielt jetzt schon im dritten Jahr in der Zweiten Liga. Es gibt junge Fans, die kennen das fast nicht anders. Und den großen HSV, den es vor knapp 40 Jahren gegeben hat, kennen sie überhaupt nicht.“

Eine Rückkehr irgendwann auf die Trainerban­k schließt er nicht aus, obwohl er mit seiner aktuellen Chef-Rolle in Würzburg ausgefüllt ist. Magath: „Mir geht es nur um den Fußball, den Sport. Wenn ich helfen kann, dann gern.“

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Nach seinen großen Erfolgen als Spieler und Trainer ist Felix Magath nun Boss in Würzburg.
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