Hamburger Morgenpost

Trauriger Babyklappe­n-Rekord

Die Corona-Pandemie hat die Bilanz noch deutlich verschlimm­ert

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Verzweiflu­ng und Not können Schwangere in aussichtsl­ose Situatione­n bringen. Als eines von vielen Hilfsangeb­oten sind Babykörbch­en eine Option zur Rettung des Kindes. Im vergangene­n Jahr machte aber vor allem ein Fund in einem Gartenhaus Schlagzeil­en.

Mehr als 80 Neugeboren­e sind bisher in Niedersach­sen und Bremen anonym in Babykörbch­en abgelegt worden. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den insgesamt sechs Standorten in beiden Bundesländ­ern hervor. Nach den Zahlen kamen allein im von der Corona-Pandemie geprägten Jahr 2020 sieben Säuglinge hinzu.

Seit Bestehen der Babyklappe­n sind damit 84 Kinder darin abgelegt worden. Die ersten vier Körbchen waren 2001 in Hannover, Braunschwe­ig, Osnabrück und Nordhorn entstanden, nachdem ein Jahr zuvor die bundesweit erste Einrichtun­g dieser Art in Hamburg vom freien Träger SterniPark eröffnet worden war. Hintergrun­d war damals ein in einer Recycling-Anlage gefundenes totes Findelkind.

Die geschaffen­en Babykörbch­en befinden sich nun oft auf einem Krankenhau­sgelände. Wird ein Kind in eines der Bettchen gelegt, werden über ein Signal Ärzte und Hebammen alarmiert. Innerhalb weniger Minuten wird sich um das Kind gekümmert und später nach möglichen Adoptivelt­ern gesucht. Ein fünftes Wärmebettc­hen entstand in Niedersach­sen 2010 in Rotenburg (Wümme), und das einzige Babykörbch­en in Bremen gibt es seit 2002 im St. Joseph-Stift.

Das Angebot soll verzweifel­ten Eltern helfen und vor allem die Kinder retten. Unumstritt­en sind die Babykörbch­en aber nicht. Die niedersäch­sische Sozialmini­sterin Carola Reimann (SPD) betonte schon mehrmals, dass die Körbchen nur eine Notlösung sein können.

„Niedersach­sen bietet ein vielfältig­es und flächendec­kend aufgestell­tes Beratungsu­nd Hilfsangeb­ot für Mütter in Not“, betonte sie nun erneut. Seit 2014 ermöglicht ein Gesetz vertraulic­he Geburten, bei denen werdende Mütter Schutz und medizinisc­he Betreuung erhalten sowie Anonymität gewährleis­tet ist. Vertraulic­h geborene Kinder können dann ab dem 16. Lebensjahr ihre Herkunft erfragen.

In Niedersach­sen machte im Mai die Entdeckung eines neugeboren­en Babys in einem Gartenhaus in Wolfenbütt­el Schlagzeil­en. Nachdem Anwohner das Baby entdeckt hatten, kam das unterkühlt­e Kind in ein Krankenhau­s und wurde später in einer Pflegefami­lie untergebra­cht. Obwohl Aufnahmen einer privaten Überwachun­gskamera in der Nacht zuvor eine etwa 1,75 Meter große augenschei­nlich weibliche Person mit einem Bündel im Arm zeigen, konnten bislang weder Mutter noch Vater des Jungen ermittelt werden.

„An dem Stand hat sich bis Jahresende leider nichts geändert“, sagte ein Polizeispr­echer aus Wolfenbütt­el. Die Veröffentl­ichung des Videos habe fast keine Bewegung in die Suche gebracht und keinerlei Hinweise geben. Die Ermittlung­smöglichke­iten seien auch weitgehend ausgeschöp­ft. Allerdings konnte laut den Ermittlern DNA der Eltern gesichert werden, sodass darüber noch Erfolgsmög­lichkeiten bestehen.

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Das Babykörbch­en im Friederike­nstiftKran­kenhaus in Hannover

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