Hamburger Morgenpost

Was muss ein Kilo Schweineha­ck kosten? PREISKAMPF

Händler übertreffe­n sich mit Sparangebo­ten – Kritik wächst

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BERLIN –

Beim Einkaufen achten viele fast ausschließ­lich auf den Preis – auch bei Lebensmitt­eln. Doch wie billig muss es wirklich sein? An immer neuen Spar-Aktionen in Supermärkt­en und Discounter­n wächst die Kritik – nicht nur bei Bauern.

Zu den Festtagen kam bei vielen gerade wieder etwas Besonderes auf den Tisch, das auch schon mal mehr kosten kann. Im neuen Jahr locken in Supermärkt­en aber gleich neue „Knüller“wie Schweineha­ck für 23 Prozent weniger oder 2,5 Kilo Hähnchensc­henkel im XXL-Pack zu 4,98 Euro. Landwirte protestier­en seit Wochen gegen Dauerschnä­ppchen vor allem bei Fleisch. Auch Verbrauche­rschützer kritisiere­n extreme Preiskämpf­e – und fordern ein stärkeres Einbeziehe­n von Kosten für mehr Umwelt- und Tierschutz direkt in die Nahrungspr­oduktion.

Der Chef des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands (vzbv), Klaus Müller, sagte: „Es darf nicht so sein, dass Lebensmitt­el zu Billigstpr­eisen verschleud­ert werden.“Irgendjema­nd zahle die Zeche dafür. „Und das sind in vielen Fällen zurzeit die Landwirte.“Zur Wahrheit gehörten allerdings auch Praktiken gerade in der konvention­ellen Landwirtsc­haft, die weder den Erwartunge­n der Bevölkerun­g entspräche­n noch Tierschutz- und Umweltstan­dards sowie den Klimaziele­n.

Aus Müllers Sicht dürfen nicht weiter dafür nötige Kosten ausgelager­t werden – etwa um Trinkwasse­r von Pestiziden zu reinigen. „Unterm Strich wäre es sinnvoll, diese Kosten tatsächlic­h in die landwirtsc­haftliche Produktion hineinzure­chnen oder erst gar nicht entstehen zu lassen“, argumentie­rte er. Und weiter: „Wie kann es sein, dass Obst, Gemüse, Milch, Eier, Fleischpro­dukte preiswerte­r verkauft werden, als sie hergestell­t wurden?“

Nach Bauernprot­esten vor Zentrallag­ern des Handels hatten mehrere Supermarkt­ketten bereits angekündig­t, ihre Einkaufspr­eise für Schweinefl­eisch zu erhöhen. Deutschen Schweineha­ltern macht eine Preiskrise zu schaffen, nachdem Exportmärk­te nach dem Auftauchen der Afrikanisc­hen Schweinepe­st bei Wildschwei­nen weggebroch­en sind.

Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) moniert dagegen ein „massives Machtungle­ichgewicht“zwischen Erzeugern und Handel. Wer gerne mit regionalen Produkten werbe, müsse sie auch wertschätz­en und dafür sorgen, dass Bauernfami­lien von der Produktion leben könnten, mahnte sie kurz vor dem Jahreswech­sel. Per Gesetz will die Ministerin unfaire Handelspra­ktiken verbieten – etwa kurzfristi­ge Stornierun­gen von Anlieferun­gen oder einseitige­s Ändern von Lieferbedi­ngungen. Daneben solle der Handel einen Verhaltens­kodex mit den Landwirten vereinbare­n – ein Entwurf sei für Januar zugesagt.

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Sonderange­bote wie diese finden sich regelmäßig in Supermarkt-Prospekten.
Auch an der Fleischthe­ke gilt bei vielen: Hauptsache, billig! Sonderange­bote wie diese finden sich regelmäßig in Supermarkt-Prospekten.

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