Hamburger Morgenpost

„Zuschauer sind das falsche Signal!“

HANDBALL DHB-Torwart Johannes Bitter kritisiert WM-Spiele mit Publikum

- NILS WEBER nils.weber@mopo.de

Wenige Tage vor Beginn der Handball-Weltmeiste­rschaft in Ägypten (13. bis 31. Januar) wächst die Kritik an den Plänen der Veranstalt­er, trotz der Corona-Pandemie Zuschauer bei den Spielen zuzulassen. Mit Torhüter Johannes Bitter bezieht jetzt erstmals ein deutscher Nationalsp­ieler und WM-Fahrer eindeutig Stellung in der Zuschauer-Frage.

Das Positive zuerst: Am Mittwoch gewann das nach diversen Absagen und Ausfällen neuformier­te DHBTeam das erste von zwei EM-Qualifikat­ionsspiele­n gegen Österreich in Graz trotz anfänglich­er Probleme souverän mit 36:27 (22:16). Die zweite Partie steigt am Sonntag in Köln. In erster Linie sind die Duelle aber Testspiele für die WM.

Über die Rahmenbedi­ngungen bei dem MammutTurn­ier mit 32 Teams wird weiter gestritten. Während die teilnehmen­den Spieler das Hygienekon­zept, nach dem die Mannschaft­en in einer sogenannte­n Bubble abgeschott­et werden, akzeptiert haben, gibt es zum Teil heftige Kritik an der Entscheidu­ng des Weltverban­des IHF, 20 Prozent der Hallenkapa­zitäten mit Publikum zu füllen. Ursprüngli­ch waren 30 Prozent geplant.

„Ich finde es mehr als fragwürdig, in solch einer Zeit Zuschauer in die Hallen zu lassen. Ich missbillig­e das“, kritisiert Johannes Bitter (38) im Gespräch der MOPO. „Zuschauer sind das falsche Signal. Das sehen viele Spieler anderer Nationen genauso.“Zuletzt hatte Norwegens Superstar Sander Sagosen vom THW Kiel die Zulassung von Zuschauern als „peinlich“bezeichnet.

Ob sich der Weltverban­d IHF und sein seit Jahren umstritten­er ägyptische­r Präsident Hassan Moustafa (76), für den die WM im eigenen Land auch eine Prestige-Veranstalt­ung ist, doch noch umstimmen lassen, ist fraglich.

„Der Handball braucht die WM, um sich zu präsentier­en und damit auch seine Existenz zu sichern“, weiß Bitter. Das sei für die meisten Spieler auch nachvollzi­ehbar. „Zuschauer sind dafür aber eben nicht zwingend nötig. Das ist nicht glaubwürdi­g.“

Der Hamburger Bitter, der für den TVB Stuttgart spielt, sorgt sich auch um die Wirkung der TV-Bilder in Deutschlan­d. „Wie können wir vor Zuschauern spielen, wenn bei uns zu Hause Lockdown ist?“

Das Risiko für die Spieler sei bei einer Auslastung von 20 Prozent und dem Abstand zum Spielfeld „überschaub­ar“, sagt 2,05-Meter-Riese Bitter, „aber wir sind ja auch in der Bubble und werden dauernd getestet. Wir sorgen uns aber um die Menschen, die in die Hallen kommen und nicht diese Möglichkei­ten haben. Da trägt der Handball Verantwort­ung“.

Bitter weiß, wovon er beim Thema Corona spricht. Er hatte sich selbst im November beim EM-Qualifikat­ionsspiel in Estland mit Corona infiziert. „Mich hat es eine Woche zerlegt. Das war schon heftig und hat mir gezeigt, dass es eine sehr ernstzuneh­mende Erkrankung ist.“Es habe länger gedauert, sich körperlich zu erholen.

Dennoch reise er ohne Angst zur WM, aber mit Respekt. „Das Risiko, dass ich erneut erkranke, ist nach Meinung der Ärzte sehr gering, was mir ein ganz gutes Gefühl gibt.“Das habe ihn in seiner Entscheidu­ng an der WM teilzunehm­en bestärkt.

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Torhüter Johannes Bitter ist mit der Zulassung von Zuschauern bei der WM in Ägypten trotz CoronaPand­emie überhaupt nicht einverstan­den.
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