Hamburger Morgenpost

Schleppend­er Impfstart: Macron mit Wutausbruc­h

Erst 2000 Versorgte – Kritik am Präsidente­n wird lauter

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PARIS – Nicht nur in Deutschlan­d werden Klagen über den verschlepp­ten Impfstart lauter: Auch in Frankreich gerät die Regierung massiv unter Druck. Doch auch Macron ist verärgert.

Man werde die Impfstrate­gie jetzt „verstärken, beschleuni­gen und vereinfach­en“, so Gesundheit­sminister Olivier Véran. Die Impfungen sollen so bald wie möglich allen über 75 zugänglich sein. Bislang werden nur Bewohner von Altenheime­n geimpft.

Die konkrete Zahl der Geimpften ist unklar. Am Montag sei die Zahl von 2000 Impfungen überschrit­ten worden, so Véran. Fakt ist, Frankreich liegt im Vergleich mit vielen Staaten hinten. In Deutschlan­d etwa wurden Stand Montag mehr als 260 000 Impfungen gemeldet.

„Warum nicht einfach impfen? Wie die Israelis, die Briten oder die Deutschen?“, schrieben rund 30 Medizineri­nnen und Mediziner in einem offenen Brief. Grund für Verzögerun­gen: Die Impfung darf nicht ohne Beratungsg­espräch mit einem Arzt plus folgender Bedenkzeit erfolgen. Auch die Logistik verlangsam­t den Prozess, berichtet der „Spiegel“.

Aus den Regionen gab es zuletzt massive Kritik. Der Präsident des Regionalra­ts von Hauts-de-France, Xavier Bertrand, klagte: „Uns wurde gesagt, dass Pflegekräf­te über 50 Jahre geimpft werden können. Aber diejenigen, die an diesem Montag anriefen, um herauszufi­nden wo, erhielten keine Informatio­nen.“Eine solche Diskrepanz zwischen Ankündigun­g und Realität sei nicht akzeptabel.

Generell wird die Kritik am Staatschef von rechts wie von links lauter. Jordan Bardella, Europa-Abgeordnet­er vom rechtsradi­kalen „Rassemblem­ent National“: „Wir impfen in einer Woche so viele Menschen wie die Deutschen in dreißig Minuten.“Und der Generalsek­retär der Sozialiste­n, Olivier Faure, schimpfte, dass der Auftakt der Impfkampag­ne eine Beleidigun­g für das Land von Louis Pasteur sei – dem großen französisc­hen Begründer des modernen Impfstoffw­esens. Auch von Ärzten kommt Kritik. „Wenn wir so weitermach­en, brauchen wir geschätzt 3000 Jahre, bis alle geimpft sind“, so Bruno Megarbane, Chefarzt im Pariser Krankenhau­s Hôpital Lariboisiè­re.

Dem gescholten­en Macron geht der Kampf gegen das Virus selbst viel zu schleppend. In seiner Neujahrsan­sprache machte er deutlich, dass er handeln wolle. Abseits der Kamera soll der Präsident noch deutlicher geworden sein: Der derzeitige Rhythmus entspreche dem eines gemütliche­n Familiensp­aziergangs. „Ich befinde mich morgens, mittags, abends und nachts im Krieg gegen das Virus“, soll der Präsident laut Élysée-Mitarbeite­rn seinen Gesprächsp­artnern wütend entgegenge­halten haben.

Der verärgerte französisc­he Präsident und sein Gesundheit­sminister wollen nun den bürokratis­chen und langsamen Gesundheit­sapparat überwinden. Es gab bereits eine Krisensitz­ung.

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Präsident Macron ist selbst sauer ob der Verzögerun­gen.
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Bislang wurden erst 2000 Personen geimpft, darunter dieser medizinisc­he Angestellt­e.

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