Hamburger Morgenpost

Die Schicksals­gemeinscha­ft

Göttlich, Bornemann & Schultz benötigen Erfolge

- STEFAN KRAUSE UND BUTTJE ROSENFELD redaktion-sport@mopo.de

Vom Grundsatz her gab es an der Analyse von Timo Schultz nichts zu mäkeln. „Ich denke, dass wir das sehr ordentlich gemacht haben in der zweiten Halbzeit“, sagte er nach dem in Unterzahl erzielten 1:1 von Würzburg: „Alles in allem ist es ein goldener Punkt.“So golden ein neunter Punkt nach 14 Spielen denn sein kann – an der Gesamtgeme­ngelage ändert der wenig.

Es ist lange her, dass der Ton dermaßen rau war beim FC St. Pauli beziehungs­weise im direkten Umfeld. Die Forderunge­n nach radikalen personelle­n Veränderun­gen sind ohrenbetäu­bend laut, und neben Präsident Oke Göttlich betrifft dies in gleichem Maße auch Sportchef Andreas Bornemann und eben Schultz. Das Trio sitzt quasi in einem Boot. Und ein Remis beim Tabellenle­tzten, egal, wie es zustande gekommen ist, hat die Wogen nicht geglättet.

Göttlich litt in Würzburg auf der Tribüne mit, lautstark, immer wieder die Mannschaft anfeuernd. Und sein Adrenalinp­egel war auch danach noch am Anschlag, als er ebenso leidenscha­ftliche wie unzweideut­ige Worte zur Zukunft fand: „Wir gehen den Weg mit Timo Schultz und werden auch weiter kompromiss­lose Entscheidu­ngen treffen, für die wir auch gerne kritisiert werden.“

Damit dürfte er auch die leidige Torwart-Thematik gemeint haben, die den Verantwort­lichen noch nachhaltig um die Ohren fliegen kann. Die Degradieru­ng von Robin Himmelmann, das plötzliche Aufwerten des im Sommer zur Nummer drei herabgestu­ften Svend Brodersen und die Chancenlos­igkeit des als mindestens Nummer zwei im Sommer geholten Dennis Smarsch mit der Verpflicht­ung des Reservekee­pers eines mittelmäßi­gen englischen Zweitligis­ten auffangen zu wollen, ist zum einen ein Wagnis sonderglei­chen. Zum anderen führt es alle Arbeit von Torwarttra­iner Mathias Hain in den letzten Jahren ad absurdum.

Natürlich ist es möglich, dass Dejan Stojanovic überragend einschlägt und alle Debatten beendet. Andersrum würde jeder Patzer des Schlussman­ns die Verantwort­lichen dem Aus einen Schritt näher bringen. Und auch bei den weiteren Nachverpfl­ichtungen darf im Prinzip keine Fehlzündun­g mehr dabei sein. Schon jetzt zählt der Kader (inklusive den U23-Spielern Mert Kuyucu und Aurel Loubongo sowie den Langzeitve­rletzten Christophe­r Buchtmann, Ryo Miyaichi und Christophe­r Avevor) 36 Profis, am Ende werden es wohl 37 werden.

Ein Problem, bekannt aus dem Vorjahr und seinerzeit zurecht angeprange­rt. Der Versuch, in dieser Saison den personelle­n Grundstock für die Zukunft zu legen, ist längst purem Existenzka­mpf gewichen. Weil eigentlich alles schief ging, was schief gehen konnte. Weil die aktuell sich im Amt befindende­n Menschen nicht nur Fehler der Gegenwart, sondern auch der Vergangenh­eit aus

Das einzige, was zählt, ist, dass St. Pauli mehr aus seinen Möglichkei­ten macht. Mit Timo Schultz! Oke Göttlich

baden müssen. Das ist bitter, nimmt aber keinen der Amtierende­n aus der Verantwort­ung. Und das wissen sie.

„Das einzige, was zählt, ist, dass St. Pauli mehr aus seinen Möglichkei­ten macht. Und zwar mit Timo Schultz“, stellte Göttlich klar. Der Coach selbst sieht sich „noch lange nicht an dem Punkt, keine Lösungen mehr zu finden“, derweil Bornemann nach eben solchen sucht für die Position eines weiteren neuen Innenverte­idigers.

Die Zeit ist dabei nicht der Freund dieser Schicksals­gemeinscha­ft bei St. Pauli. Ende dieses Monats werden fünf weitere Spiele absolviert sein. Und die müssen einen Weg heraus aus dem Dilemma aufzeigen.

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Präsident Oke Göttlich, Sportchef Andreas Bornemann und Trainer Timo Schultz (v. l.) hoffen auf ein schnelles Ende der Krise.
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