Hamburger Morgenpost

Streit um die Ruine einer Rahlstedte­r Lackfabrik

RAHLSTEDT Ein Eigentümer verhindert Sanierung und Neubebauun­g

- THOMAS HIRSCHBIEG­EL thomas.hirschbieg­el@mopo.de

Die Wandse plätschert munter vor sich hin, fließt um umgestürzt­e Bäume herum. Vögel sitzen auf den Ästen und zwitschern. Eigentlich ist das Areal zwischen Altrahlste­dter Kamp und Wandseredd­er ein kleines Naturparad­ies unweit des Rahlstedte­r Zentrums. Ja, wenn da nicht die verfallene Ruine der alten Lackfabrik wäre. Die rottet seit Jahren vor sich hin – und ein einzelner Eigentümer blockiert alle Entwicklun­gspläne.

Schon 1309 wurde das Grundstück an der Wandse erstmals urkundlich erwähnt. Laut Rahlstedte­r Kulturvere­in stand hier damals nämlich die Loher Mühle. Um 1909 nahm die „Arostal Norddeutsc­he Lackfabrik Max Lichtenber­g“ihren Betrieb auf. Fast 100 Jahre wurde dann gearbeitet, bis 2005 die Produktion eingestell­t wurde. 2006 kam es nach einer Insolvenz zur endgültige­n Schließung der Fabrik.

Eigentümer des Grundstück­s ist eine dreiköpfig­e Erbengemei­nschaft. Zwei der Erben waren sich 2018 schon mit einem Investor einig. Der wollte die Ruine abreißen und auf beiden Seiten der Wandse 14 Reihenhäus­er bauen. Denn das Grundstück umfasst auch ein Gebiet am alten Mühlenteic­h gegenüber der Fabrik. Außerdem sollte die WandseBrüc­ke erneuert und der Wanderweg an dem Flüsschen, das Namensgebe­r für Bezirk und Stadtteil ist, verlängert werden. Doch der dritte Eigentümer stellte sich quer.

Der Rahlstedte­r SPDBürgers­chaftsabge­ordnete Ole Thorben Buschhüter beschäftig­t sich seit Jahren mit dem „Lost Place“. Er sagt: „Das Thema Lackfabrik muss endlich zu einem guten Ende geführt werden. Doch der eine Eigentümer hat unrealisti­sche Erwartunge­n, er will mit dem praktisch wertlosen Grundstück noch Geld verdienen.“Moment mal, ein Grundstück mitten in Hamburg „wertlos“und das in Zeiten des Immobilien­booms?

Der Politiker verweist auf den verseuchte­n Boden, der komplett ausgetausc­ht werden muss. Bei Untersuchu­ngen auf dem Fabrikgelä­nde sind diverse, auch krebserreg­ende Stoffe im Erdreich festgestel­lt worden. Darunter befinden sich Benzol, Cyanide und

Schwermeta­lle wie Blei. Die Beseitigun­g dieser gefährlich­en Altlasten kostet Millionen, der nötige Betrag dürfte den Grundstück­swert deutlich überschrei­ten. Das wiederum will einer der Eigentümer nicht einsehen. Inzwischen läuft deswegen bereits ein Gerichtsve­rfahren zwischen den Erben – und im Bezirk fordern einige eine Enteignung.

 ??  ?? „Arostal“– das alte Firmenschi­ld der Fabrik ist zugewucher­t, aber noch zu erkennen.
„Arostal“– das alte Firmenschi­ld der Fabrik ist zugewucher­t, aber noch zu erkennen.
 ??  ?? Blick ins Innere der Fabrikruin­e am Wandseredd­er
Blick ins Innere der Fabrikruin­e am Wandseredd­er
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany