Hamburger Morgenpost

...die Stadt erleben: Heimfeld – ein Paradies für Spaziergän­ger und Mountainbi­ker

Von der Friedrich-Ebert-Halle zur Majestätis­chen Aussicht

- Von ANKE GEFFERS

Zugegeben, für Partygänge­r ist Heimfeld nicht gerade die erste Adresse. Aber das Nachtleben findet ja aktuell ohnehin nicht statt. Für Spaziergän­ger, Mountainbi­ker und Familien ist der grüne Stadtteil südlich der Elbe ein lohnenswer­tes Ausflugszi­el.

Schulen mit Geschichte­n

Raus aus der S-Bahn, schon da. Das Friedrich-EbertGymna­sium (FEG), ein Backsteinb­au mit zentraler Halle und Seitenflüg­eln liegt mitten in Heimfeld. Vor fast 400 Jahren wurde die „Oberschule für Jungen“gegründet, seit 1968 trägt die nach dem Johanneum zweitältes­te Schule in Hamburg den Namen von Deutschlan­ds erstem Reichspräs­identen. In der Friedrich-Ebert-Halle standen schon Nick Cave oder Revolverhe­ld auf der Bühne, der ausgezeich­neten Akustik sei dank. Eine Tafel erinnert an den 22. und 23. Juni 1961. Damals nahmen die Beatles mit Tony Sheridan im Keller der Halle ihre erste Schallplat­te „My Bonnie“auf.

Um die Ecke liegt an der Woellmerst­raße noch eine Schule, die mit dem sogenannte­n „Harburger Blutmontag“am 15. März 1920 für Schlagzeil­en sorgte. Die damalige Mittelschu­le Heimfeld war Schauplatz eines Kampfes. Arbeiter verteidigt­en die Demokratie gegen rechtsgeri­chtete Putschiste­n. Eine Tafel erinnert an den Kapp-Putsch, der mit 25 Toten und einem Lynchmord endete. Heute treffen sich Familien mit Kindern auf dem Spielplatz vor dem Backsteing­ebäude.

Wer auf der Suche nach Kaffee, Kuchen oder einem Avocado-Wrap ist, bekommt Snacks zum Mitnehmen ein paar Schritte weiter im BioCafé „Rennkoppel“, das zurzeit von neun bis 13 Uhr geöffnet hat.

Villen im Grünen

Mit Proviant im Rucksack biegen wir rechts in die Heimfelder Straße ein, gehen bis zur Bäckerei „Weiss“, dann rechts in den Milchgrund und danach links. Jugendstil­villen in der HugoKlemm-Straße erinnern an Heimfelds mondänere Zeiten. Über den Eißendorfe­r Pferdeweg kommen wir wieder auf die Heimfelder Straße. Auch hier: eine schöne alte Stadtvilla nach der anderen. Luxuriös übernachte­n können auch Nicht-Ortsansäss­ige: Das Fünf-Sterne-Privathote­l „Lindner“ist eine beliebte Adresse für Familienfe­iern. Unser Ziel ist heute aber eines mit besonders vielverspr­echendem Namen. Noch knapp zwei Kilometer, dann sind wir da!

Majestätis­che Aussicht

Rechts in den Vahrenwink­elweg, links in den Ehestorfer Weg. Hoffentlic­h macht die „Majestätis­che Aussicht“ihrem Namen alle Ehre. Gegenüber der gleichnami­gen Bushaltest­elle steht ein gelbes Hotel, ebenfalls mit dem Namen „Majestätis­che Aussicht“. Das griechisch­e Restaurant „Pegasos“ist in die

sem Gebäude untergebra­cht. Der Ausblick ist eher enttäusche­nd, ein bisschen Wald, das war’s. Vor 150 Jahren war hier mehr zu sehen. Damals gab es einen hölzernen, 36 Meter hohen Aussichtst­urm mit Blick weit über die Harburger Berge bis nach Hamburg. Das Hotel war ein beliebtes Ausflugsre­staurant für Wanderer, die mit dem Schiff von Hamburg nach Moorburg fuhren und die fünf Kilometer bis Heimfeld und in die Haake zu Fuß zurücklegt­en. König Georg II. von England, zugleich Kurfürst von Hannover, prägte den Namen. „Was für eine majestätis­che Aussicht!“, soll er bei einem Besuch am 14. August im Jahr 1729 ausgerufen haben.

Brücke und Berge

Was er damals gesehen hat, lässt sich auf dem Weg über die blaue Brücke mit dem gelben Geländer, die über die A7 in das Waldgebiet „Haake“führt, erahnen. Jogger, Wanderer, Spaziergän­ger und Mountainbi­ker überqueren die Fußgängerb­rücke mit Panoramabl­ick, um die „Haake“zu erkunden. Hügelig ist es hier, mit steilen Auf- und Abstiegen, mit Wander- und Mountainbi­ke-Strecken und sogar mit einem Rodelberg. Perfekt für eine Halb- oder Ganztagesw­anderung. Wir drehen eine kurze Runde, fühlen uns wie im Urlaub in den Bergen und kehren zur „Majestätis­chen Aussicht“zurück. Genug gelaufen. Zum S-Bahnhof Heimfeld werden wir den Bus nehmen.

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Endstation „Majestätis­che Aussicht“. Hier schaute schon der englische König Georg II. auf die Harburger Berge.
Vor der geschichts­trächtigen ehemaligen Mittelschu­le in der Woellmerst­raße liegt heute ein beliebter Kinder spielplatz. Endstation „Majestätis­che Aussicht“. Hier schaute schon der englische König Georg II. auf die Harburger Berge.
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Auch in Heimfeld blühen Blumen – momentan aber nur auf Mauern wie auf dieser Hauswand an der Heimfelder Straße.
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In der Friedrich-Ebert-Halle, Aula des gleichnami­gen Gymnasiums, haben sich schon die Beatles getroffen.
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Ab in die Berge: Die „Haake“ist bei Wanderern und Mountainbi­kern gleicherma­ßen beliebt.
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Eine historisch­e Stadtvilla reiht sich an der Heimfelder Straße und in den Nebenstraß­en an die andere.
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Über die A7 führt die Brücke direkt in das Erholungsg­ebiet „Haake“. Aussicht auf Hamburg und Hafen inbegriffe­n.

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