Hamburger Morgenpost

Mit ihm macht Impfen Spaß

Impfzentru­mLeiter sorgt für gute Stimmung im Netz:

- STEPHANIE LAMPRECHT stephanie.lamprecht@mopo.de

Mit launigen Tweets versorgt Dr. Dirk Heinrich (61) die Twitter-Welt täglich mit Neuigkeite­n von der Hamburger Impffront: Der HNODoc ist ärztlicher Leiter des größten deutschen Impfzentru­ms in den Messehalle­n und teilt seine Begeisteru­ng für das Thema Impfen mit einer schnell wachsenden Schar von Followern.

Das Foto einer blauen Luftballon­blume am Eingang des Impfzentru­ms postete Heinrich jüngst, bedankte sich mit Herzchen und Emojis bei seinen „Mitarbeite­r:innen“: „Danke für die tolle Stimmung.“

Mal vermeldet der ärztliche Leiter via Twitter triumphier­end eine Rekordzahl an Impfungen („Geiler Impftag!“), mal freut er sich über eine „Punktlandu­ng“, wenn am Abend der vorgesehen­e Impfstoff vollständi­g aufgebrauc­ht ist, die Posts gerne verziert mit Virus- und Spritzen-Emojis. Menschen die Angst nehmen, Fragen beantworte­n, zeigen, wie es abläuft in den Messehalle­n, das ist das Ziel „mit meinen bescheiden­en Mitteln“.

Heinrich, Chef des Virchow-Bundes der niedergela­ssenen Ärzte, mag Menschen, besonders die in den nicht so schicken Hamburger Stadtteile­n. In seine Gemeinscha­ftspraxis in Horn kommen Patienten, die eine geringere Lebenserwa­rtung haben als etwa die Blankenese­r, einfach nur weil sie nicht den gleichen Zugang zu medizinisc­her Versorgung haben.

Geht nicht, findet der HNO-Arzt und rief vor fünf Jahren mit der Initiative „Gesundheit für Billstedt-Horn“den Gesundheit­skiosk ins Leben, dessen Mitarbeite­r Bewohnerin­nen und Bewohner in deren Mutterspra­che durch das deutsche Gesundheit­ssystem lotsen.

Diese Menschenfr­eundlichke­it und das oft pöbelige Medium Twitter – wie passt das zusammen? Da muss Dirk Heinrich, aufgewachs­en im Schwarzwal­d, lachen: „Was wir hier machen, das ist eine euphorisie­rende Tätigkeit. Selbst wenn die Mitarbeite­r mal mit schlechter Laune zur Arbeit kommen, gehen sie abends gut gelaunt nach Hause. Daran möchte ich die Leute teilhaben lassen.“

Heinrich erzählt von einem Beispiel, erst ein paar Tage her: Ein dankbarer Impfling, 81 Jahre alt, hat einen witzigen Cartoon gezeichnet und dem Arzt in seine Praxis geschickt: „Da bin ich fast vom Stuhl gefallen, so toll ist der.“Und schon wieder Material für einen Tweet: #impfenmach­tSpaß.

Natürlich zeigt Twitter auch dem Arzt seine nervige Seite, etwa als auf einem Tweet im Hintergrun­d die

Man muss mit den Ressourcen klarkommen. Wir können uns den Impfstoff ja nicht stricken. Dr. Dirk Heinrich

Türaufschr­ift „Theatergar­derobe“zu lesen war und Schwurbler darin die Bestätigun­g sahen, dass die ganze Pandemie nur ein Fake ist: „Dieser Quatsch hat 4000 Leute erreicht, unfassbar.“

Impfen, das ist ein Thema, über das Dirk Heinrich auch im echten Leben mit großem Enthusiasm­us spricht: „Ich finde Impfungen toll. Wir sehen ja jetzt schon sinkende Zahlen bei den Covid-Todesopfer­n, das verdanken wir den Impfungen in den Pflegeheim­en.“

Auch in seinem Privatlebe­n spielt das Impfen eine Rolle als Schutz bei den häufigen Reisen nach Afrika. Ein privater Urlaub in Ruanda vor vielen Jahren änderte sein Leben: „Ruanda hat zwölf Millionen Einwohner, und als ich 2009 zum ersten Mal dort war, gab es fünf Hals-NasenOhren-Ärzte, das ist, als hätte Hamburg einen einzigen.“Erster Gedanke: „Da muss man doch was machen.“

Zusammen mit dem Berufsverb­and der HNO-Ärzte, dessen Präsident er ist, rief Heinrich ein Ausbildung­sprojekt für ruandische Ärzte ins Leben: „Inzwischen gibt es 19 HNOÄrzte im Land. Das macht Spaß, wenn man das sieht.“

Zwei Mal im Jahr reist er seitdem für Operatione­n in das ostafrikan­ische Land, voller Respekt für die Kollegen vor Ort: „Wenn man sieht, wie die arbeiten, mit nichts als ihren fünf Fingern und das nicht schlecht, da kann man nicht einfach in seine schöne Welt zurückreis­en, ohne was zu tun.“Dass er wegen der Pandemie nun schon seit 2019 nicht mehr dort war, das schmerzt.

Ob ihn etwas aus der Ruhe bringt? Vielleicht die desaströse Impfstoff-Knappheit? Da atmet Dr. Dirk Heinrich einmal tief ein und aus und sagt: „Nee. Vielleicht war ich einmal zu oft in Afrika, aber ich finde: Man muss mit den Ressourcen klarkommen, die man hat. Wir können uns den Impfstoff ja nicht stricken und Herr Spahn kann nicht zaubern.“

Gestern allerdings, als der Bundesgesu­ndheitsmin­ister den Impfstopp für AstraZenec­a verkündete, klang Heinrich ziemlich betrübt. Per Twitter schrieb er: „Kein guter Tag für die Pandemie-Bekämpfung!“

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Diesen Cartoon bekam Dr. Heinrich von einem 81-jährigen Impfling zugeschick­t.
Eine Luftballon­Blume im Eingangsbe­reich des Impfzentru­ms. Dr. Heinrich ließ seine Follower bei Twitter daran teilhaben. Diesen Cartoon bekam Dr. Heinrich von einem 81-jährigen Impfling zugeschick­t.
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Immer positiv und enthusiast­isch: Dr. Dirk Heinrich (.) beim Impfen einer Seniorin

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