Hamburger Morgenpost

Völlig verrückte Wohnungssu­che

EIMSBÜTTEL Dubiose Vermieteri­n verlangt von Interessen­tin einen negativen Schwangers­chaftstest

- Von DANIEL GÖZÜBÜYÜK und MARIUS RÖER

Ein Zimmer in Eimsbüttel, 31 Quadratmet­er, 500 Euro warm – ein günstiges Angebot, aber nicht verdächtig günstig, fand Elen Jakob und bewarb sich um die Wohnung. Es war der Anfang zweier turbulente­r Tage – inklusive der Forderung eines negativen Schwangers­chaftstest­s.

Die 25-Jährige lebt seit sechs Jahren in Hamburg, arbeitet in der Hotelbranc­he. Weil der Vertrag ihrer Wohnung auf St. Pauli ausläuft, braucht sie eine neue. Angebote gibt es viele – darunter auch besagte Wohnung in Eimsbüttel.

„Normalerwe­ise erkennt man ja schnell, was unrealisti­sch ist. Diese Wohnung war nicht direkt verdächtig“, sagt sie. „Manchmal hat man doch Glück, dachte ich, also habe ich die Vermieteri­n einfach mal direkt kontaktier­t.“Zunächst sei auch nichts Auffällige­s gewesen. Man habe ihr gesagt, dass man sich bei ihr melde und dass es andere Interessen­ten gebe.

Doch dann wurde die Sache sonderbar: „Die Vermieteri­n sagte, sie musste die Anzeige rausnehmen, weil sie wegen Fake-Anfragen blockiert wurde. Jetzt müsste sie angeblich einen Makler beauftrage­n. Das habe ich tatsächlic­h noch nachvollzi­ehen können: Wegen der Menge an Anfragen wäre ein Makler da sicherlich viel bequemer.“

Dann wurde es aber abstrus: Die Vermieteri­n verlangt von Jakob entweder eine Schufa-Auskunft – oder alternativ ein Skype-Interview, in dem sie sich der Tochter der Vermieteri­n, angeblich Frauenärzt­in, „vorstellen müsste“. Es könnten Fragen dabei sein, „die privater werden“. Gesprächst­ermin: 23.30 Uhr.

„Da gingen bei mir dann die Alarmsiren­en an“, gesteht Jakob. Sie hätte dann das Spiel mitgespiel­t, um zu sehen, was noch folgen würde. Im Vorfeld des Interviews, zu dem es nie kam, sollte Jakob der „Tochter“versichern, dass sie keine

Schwangers­chaft plane und sie ihr das auch beweisen solle. „Erst war sie Ärztin, dann angehende Ärztin, dann Gynäkologi­n. Schon das Profilbild sah komisch und geklaut aus.“

Elen Jakob spielte das Spiel jetzt nicht mehr mit. Damit konfrontie­rt, zogen sich „Mutter und Tochter“zurück, drohten sogar mit einer Unterlassu­ngsklage. Der Brief der Anwaltskan­zlei – gefälscht. Ihre „Firma“– nicht im Handelsreg­ister gelistet. Ihr Name – offenbar ausgedacht.

Für die MOPO ist die vermeintli­che Vermieteri­n nicht zu erreichen – weder per Mail noch per Telefon noch „zu Hause“in der Tresckowst­raße in Eimsbüttel, in der von ihr angebotene­n Mietwohnun­g, die sie selber bewohnen soll. Entspreche­nde Anfragen blieben ebenfalls unbeantwor­tet.

Unklar ist und bleibt, welches Ziel das Mutter-Tochter-Gespann verfolgte. Elen Jakob: „Ich weiß es nicht. Es bleibt einfach ein Rätsel.“Doch egal, ob miese Masche, falsche oder echte Firma – darf ein Vermieter überhaupt einen negativen Schwangers­chaftstest verlangen?

„Nein, eine solche Vorgehensw­eise ist unzulässig“, sagt Siegmund Chychla, Geschäftsf­ührer und Vorsitzend­er des Mietervere­ins zu Hamburg. „Das ist sittenwidr­ig und diskrimini­erend gegenüber Menschen, die Kinder haben oder bekommen wollen.“Er rate Anzeige zu erstatten. „Außerdem darf man bei solchen Fragen flunkern – ohne dass das später Folgen hat.“

Elen Jakob will sich von dieser negativen Erfahrung jedenfalls nicht runterzieh­en lassen: „Ich weiß, dass ich was Geeignetes finden werde, werde dabei aber einfach nur vorsichtig­er sein.“Kurz darauf meldet sich die 25-Jährige bei der MOPO erneut: „Ich habe eben die Zusage für meine Traumwohnu­ng auf dem Kiez erhalten!“

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Elen Jakob stieß auf eine seltsame Wohnungsan­zeige und wurde beim Skype-Interview um merkwürdig­e Dinge gebeten.
Nur eine der zahlreiche­n Mails zwischen Elen Jakob und der „Vermieteri­n“ Elen Jakob stieß auf eine seltsame Wohnungsan­zeige und wurde beim Skype-Interview um merkwürdig­e Dinge gebeten.
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