Hamburger Morgenpost

Nun droht uns die

GIPFELTREF­FEN Steigende Infektions­zahlen und Lockerungs­plan passen nicht zusammen. Erster Ministerpr­äsident sagt offen: „Es funktionie­rt nicht“

- Von CHRISTIAN BURMEISTER

BERLIN – Von Woche zu Woche ein bisschen mehr Corona-Freiheit. So war eigentlich der Plan, den die Ministerpr­äsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf ihrer jüngsten Konferenz (MPK) beschlosse­n und verkündet hatten. Am Montag kommen sie erneut zusammen. Dort steht ihnen und den Bundesbürg­ern wohl mindestens eine halbe CoronaRoll­e rückwärts bevor.

Eigentlich sollte am Montag, 22. März, bundesweit der vierte Öffnungssc­hritt vollzogen werden. Er sieht unter anderem die Öffnung von Theatern, Kinos, Konzerten und Gastronomi­e im Außenberei­ch und die Erlaubnis zu „kontaktfre­iem Sport“in Innenräume­n vor. All das sollte in einem Bundesland oder einer Region bei einer Inzidenz bis 50 stattfinde­n können. Bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 sollten diese Lockerunge­n ebenfalls erlaubt sein, wenn Kunden oder Gäste vorher einen negativen Schnelltes­t vorlegen oder einen Termin machen.

Fachleute wie der Virologe Christian Drosten sind schon seit Längerem besorgt. „Wir werden kurz nach Ostern eine Situation haben wie um Weihnachte­n herum“, sagte er mit Blick auf die wieder steigenden Infektions­zahlen. Diese hatten sich am Mittwoch gegenüber der Vorwoche um 47 Prozent erhöht. Auch die Vereinigun­g der

Es funktionie­rt nicht. Wir müssen versuchen, die Sache wieder einzufange­n. Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) über die Corona-Lockerunge­n

Intensiv- und Notfallmed­iziner hat vor dramatisch­en Zuständen gewarnt, insbesonde­re dort wo sich nicht an die „Notbremse“(Schließung bei Inzidenz 100) gehalten wird.

Einige Ministerpr­äsidenten legen bereits den verbalen Rückwärtsg­ang ein: „Bei der jetzigen Situation werde ich mir gut überlegen, ob ich am Montag weitere Öffnungen mache“, sagte Winfried Kretschman­n (Grüne) bei „Markus Lanz“. Er erwäge, die Öffnung erst mal auszusetze­n und am Montag zunächst zu besprechen, „was wir riskieren können“. Noch deutlicher äußert sich Sachsens Regierungs­chef Michael Kretschmer (CDU), bisher meist eher in der Ecke der „Lockerer“. Mit Blick auf die von ihm selbst mit gefassten MPK-Beschlüsse sagte er am Mittwoch bei einer Videokonfe­renz mit Bürgermeis­tern: „Es funktionie­rt nicht. Jetzt müssen wir versuchen, die Sache wieder einzufange­n und vor die Lage zu kommen.“Wie das Portal „Business Insider“unter Hinweis auf eigene Recherchen berichtet, wird hinter den Kulissen aufgrund der steigenden Infektions­zahlen und der Unsicherhe­it mit dem Impfstoff von AstraZenec­a bereits an einem „Tritt auf die Bremse“gearbeitet. Demnach könnte der vierte Öffnungssc­hritt abgesagt werden und gleichzeit­ig der bereits bis zum 28. März geltende Lockdown erneut verlängert werden. Dann möglicherw­eise um vier Wochen.

Bund und Länder arbeiten laut dem Bericht außerdem an einem Notfallpla­n, um das Impftempo zu beschleuni­gen oder zumindest beizubehal­ten. Auch wenn die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) am Mittwoch vorerst weiterhin eine Impfung mit AstraZenec­a

empfahl – die Verunsiche­rung in der Bevölkerun­g dürfte trotzdem groß sein. Im Gespräch sei deshalb eine Freigabe des AstraZenec­a-Impfstoffs entweder für alle oder zumindest ein Streichen der Prioritäts­gruppe 3. Damit wolle man die Impfquote deutlich erhöhen.

Ob das alles tatsächlic­h so kommt – oder sogar noch schlimmer –, hängt wohl maßgeblich von der Entwicklun­g der Corona-Zahlen bis Montag ab. Und vom Mut und Willen der Spitzenpol­itiker, erneut unpopuläre Entscheidu­ngen zu treffen.

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Die Außengastr­onomie steht seit Monaten still. Eigentlich sollte es bald wieder losgehen.
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Müssen sie zurückrude­rn? Müller (l)., Merkel, Söder nach dem jüngsten Corona-Gipfel

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