Neue FrankfurtGerüchte um Boldt
Der HSV-Sportvorstand, die Eintracht und das Problem des richtigen Timings
Es ist eines der heißesten Tuschelthemen im deutschen Fußball. Sollte Fredi Bobic Eintracht Frankfurt im Sommer verlassen, zählt HSV-Sportvorstand Jonas Boldt zu den Kandidaten auf dessen Nachfolge, längst ist das kein Geheimnis mehr. Wann aber könnte die Angelegenheit Fahrt aufnehmen? Da liegt der Knackpunkt, denn dem HSV stehen ohnehin hochgradig spannende Zeiten bevor. Fingerspitzengefühl ist gefragt.
Die Nummer zieht sich seit rund zwei Wochen und hält die Eintracht in Atem. Bobic will weg, soviel ist klar. Der 49-Jährige steht vor dem Abgang, am liebsten zu Hertha BSC, seine Freigabe aber wird er nur bei Zahlung einer saftigen Ablöse erhalten. Ein Betrag in Höhe von fünf Millionen Euro steht im Raum. So weit, so gut. Was die Angelegenheit aus HSV-Sicht so pikant macht: Bei der Eintracht wird mittlerweile recht offen kommuniziert, dass Boldt (steht beim HSV bis Sommer 2023 unter Vertrag) den Hessen gegenüber bereits sein Interesse an der BobicNachfolge signalisiert haben soll. Das wäre dann ein neuer Schritt in der Entwicklung.
Was ist dran an den neuen Boldt-Gerüchten? Nach MOPO-Informationen sollen die Eintracht-Bosse den 39-Jährigen mittlerweile tatsächlich kontaktiert haben. Da ist der
Draht allerdings kurz, Frankfurts Vorstands-Vize Axel Hellmann (49) und Boldt kennen sich gut und schätzen sich. Der HSV-Boss soll jedoch von Anfang an deutlich auf die Sensibilität der Angelegenheit hingewiesen haben und will Unruhe beim HSV in jedem Fall vermeiden. Ausführliche Gespräche mit der Eintracht soll es noch nicht gegeben haben. Die allerdings könnten bald anstehen. Frankfurts Plan sieht vor, möglichst bis Ende des Monats Klarheit mit Bobic zu schaffen. Dann geht es an die konkreten Gespräche für die Nachfolge.
Fakt ist: Der Kreis derer, die momentan als potenzielle Bobic-Erben in Frage kommen, wurde zuletzt kleiner. Christoph Spycher (Bern) und Alexander Rosen (Hoffenheim) sagten ab. Neben Boldt steht definitiv der Ex-Mainzer Rouven Schröder auf der EintrachtListe, dazu ein, zwei andere Kandidaten, zu denen Markus Krösche (derzeit Sportdirektor bei RB Leipzig) zählen könnte.
Mit allen Kandidaten will die Eintracht ausführlich sprechen, wenn die Causa Bobic geklärt ist.
Boldt könnte dann schnell in der Zwickmühle stecken. Dass er sich in Hamburg wohl fühlt und den HSV in den kommenden Jahren gern in Sphären führen würde, in denen die Eintracht schon schwebt, ist weit mehr als ein Lippenbekenntnis. Nach dem letzten
Aufstieg 2012 stabilisierte sich der schlafende Riese Frankfurt schnell in der Beletage, schickt sich nun an, zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren das internationale Geschäft zu erreichen. Eine Perspektive, die Boldt und seine engsten Mitstreiter auch dem HSV auf längere Sicht zutrauen. Nach außen bezeichnet der Sport-Boss seinen Verein voller Überzeugung als zurzeit spannendste Aufgabe im deutschen Fußball.
Der Haken: Frankfurt ist schon da, wo der HSV bei optimalem Verlauf in mehreren Jahren sein könnte. Genau das macht die Aufgabe bei der Eintracht so reizvoll.
Sollte sich ein intensiver Austausch Boldts mit der Eintracht vielversprechend entwickeln, könnte das Hauptargument allerdings ein ganz anderes sein – und wäre im stabilen Frankfurter Klub-Umfeld zu finden. Der HSV entpuppte sich gerade erst in den vergangenen Monaten wieder als hypernervöser Verein. Viel fehlte nicht und der Zoff im mittlerweile zurückgetretenen Präsidium hätte für einen Austausch des Aufsichtsrats gesorgt – und anschließend zur Entlassung der Vorstände Boldt und Frank Wettstein. Eine Gefahr, die grundsätzlich weiterhin besteht: Nach der Saison muss ein neues Präsidium gewählt werden, völlig offen, was dieses für Vorstellungen haben wird. Sollte der HSV den Aufstieg verpassen, dürfte das denen, die den Verein auf links drehen wollen, in die Karten spielen.
All das weiß natürlich auch Boldt. Nicht zuletzt deshalb äußerte er sich kürzlich betont vielsagend. „Solange die Möglichkeit besteht, dass wir hier trotz der weiterhin vorhandenen Schwierigkeiten etwas voranbringen können, habe ich große Lust, beim HSV zu arbeiten“, sagte er im Gespräch mit TV-Sender „Sky“. Unabhängig von der Liga, in der der Verein spielt.
Eine knifflige Angelegenheit. Boldts Lust auf den HSV ist noch groß, die nervliche Herausforderung Aufstiegskampf enorm. Die Verlockung Frankfurt lässt sich indes nicht wegdiskutieren. Am Ende könnte alles eine Frage des Timings sein: Wie lange kann die Eintracht auf Boldts JaWort warten, sollte sie ihn wirklich haben wollen? Und wie würde Boldt reagieren, sollten die Hessen auf eine Entscheidung drängen? Auf einen öffentlich auszutragenden Poker inmitten des Aufstiegskampfes wird sich der HSV-Vorstand kaum einlassen wollen.
Eines scheint in jedem Fall festzustehen. Würde Boldt, der beim HSV keine Ausstiegsklausel besitzen soll, im Someine mer gehen, müsste wohl Ablöse fließen. Der wohl deutlich höhere Preis: Der HSV bräuchte mal wieder einen neuen Taktgeber im zuletzt gut funktionierenden Führungsgremium.
Solange die Möglichkeit besteht, dass wir hier trotz der weiterhin vorhandenen Schwierigkeiten etwas voranbringen können, habe ich große Lust, beim HSV zu arbeiten. Jonas Boldt am 6. März bei Sky