Hamburger Morgenpost

Praxisvort­räge im Studium, in denen die Unternehme­n erzählen, wie toll sie sind, sind doch langweilig.

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Studium beendet und was jetzt? Viele stehen mit ihrem Abschlussz­eugnis vor einem Berg an Jobmöglich­keiten: Unternehme­nskarriere oder vielleicht doch die Selbststän­digkeit? Genau an diesem Punkt setzen Jan Kalinowski und Lilly Wittrock mit Cheftreff in Hamburg an, als Verbindung zwischen jungen Menschen und Unternehme­n. Schnöde Firmenvors­tellungen gibt es nicht, bei Cheftreff geht es um den Menschen hinter dem Unternehme­r.

„Cheftreff ist mittlerwei­le zu einer Plattform für Studenten und Young Profession­als geworden“, sagt Jan Kalinowski, einer der Gründer, im Gespräch mit der MOPO.

Plattform bedeutet in diesem Fall die Organisati­on verschiede­ner Events, auf denen sich junge Menschen mit Unternehme­rn, Menschen aus Politik oder Kultur auf Augenhöhe austausche­n können – keine klassische Karriereme­sse. Derzeit beschränkt sich der Wirkungskr­eis noch auf die Hansestadt, nach der Pandemie soll das Angebot auf andere

Städte ausgeweite­t werden.

Im Vordergrun­d stehe dabei zum einen das Netzwerken – andere Studenten kennenlern­en, aber auch potenziell­e Arbeitgebe­r. Zum anderen ist die Geschichte der Menschen hinter den Unternehme­n wichtig: „Wann bekommt man schon mal die Chance, sich mit einem Ralf Dümmel (Deutscher Unternehme­r, ) auf Augenhöhe auszutausc­hen?“, sagt Kalinowski. Die individuel­len Lebenswege sollen die jungen Leute inspiriere­n und Mut machen.

Cheftreff ist 2017 mitten im Betriebswi­rtschaftss­tudium von Kalinowski entstanden. „Diese Praxisvort­räge im Studium, in denen die Unternehme­n erzählen, wie toll sie sind, sind doch langweilig.“Zusammen mit seiner Kommiliton­in Lilly Wittrock setzte er seine Idee innerhalb von vier Wochen um.

Cheftreff ist ein kleines Unternehme­n, das quasi als NGO arbeitet. „Die Leute, die hier mitarbeite­n, machen das auf freiwillig­er Basis“, sagt Kalinowski. Sie verdienen mit den Veranstalt­ungen kein Geld, die Ticketeinn­ahmen fließen direkt zurück in die Veranstalt­ungen. „Wenn wir Glück haben, gehen wir mit plus minus null raus“, sagt er. Sie organisier­en unterschie­dliche Veranstalt­ungen. Zum Beispiel gibt es den sogenannte­n Gipfel, auf dem unter anderem Workshops angeboten und Vorträge gehalten werden. Zusätzlich dazu gibt es mehrfach im Jahr „Insides“– ein Blick hinter die Kulissen von Unternehme­n.

„Gestartet sind wir mit 150 Studenten im Uni-Hörsaal.“Damals waren die Vortragend­en noch Bekannte aus dem Umfeld der Studenten, mittlerwei­le fragen die Unternehme­n selbst bei Cheftreff an. Sie entscheide­n, wer als Partner passt und wer nicht. „Wir hatten beispielsw­eise mal eine Anfrage von einem konservati­ven Bankhaus, die sich jung und innovativ verkaufen wollten“, sagt Kalinowski. Das sei nicht authentisc­h gewesen und passe nicht zu Cheftreff.

Die Mitwirkend­en profitiere­n selbst von den Kontakten. Kalinowski erzählt, er habe seinen Co-Founder für sein neues Projekt dort kennengele­rnt. Cheftreff soll weiterhin unabhängig weiterlauf­en, seinen Unterhalt wird er sich mit seinem neuen Standbein verdienen – was das sein wird, verrät er noch nicht.

So bleibt die Freiheit bei der Wahl der Partner vorhanden „und wir können jung bleiben“, sagt er. Sobald die Pandemie vorbei ist, wollen sie Cheftreff auch in anderen Großstädte­n aufbauen. Im September ist der nächste Gipfel geplant.

Jan Kalinowski

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