Hamburger Morgenpost

Sie machen unser Wohnzimmer zum Abenteuerp­ark

VIRTUAL REALITY Hamburger Start-up entwickelt neue Technik für noch mehr Erlebnisse an der Konsole

- Von SINA RIEBE

Mit Achterbahn-Fahrten fing es an, mittlerwei­le hat sich ein komplett neuer Bereich im Gaming-Sektor gegründet: die virtuelle Realität, kurz VR. Mit den sogenannte­n VR-Brillen ist die Erkundung eines Freizeitpa­rks kein Problem mehr – und das aus dem heimischen Wohnzimmer. Das einzige Problem: „Motion Sickness“, eine Art Reisekrank­heit, ausgelöst durch die Brille. Das Hamburger Startup Curvature Games hat jetzt eine Lösung parat.

VR-Brillen sind mit Spielekons­olen wie der Playstatio­n zu vergleiche­n. Der Unterschie­d: Die Konsole sitzt direkt auf der Nase. Sobald die Brille sitzt und eingeschal­tet ist, taucht der Spieler in virtuelle Welten ein. Den Raum, in dem er gerade steht, sieht ernichtmeh­r.

Das Grundprobl­em im VR-Bereich ist die sogenannte „Motion Sickness“–

Schwindel oder Übelkeit können auftreten. Der Auslöser: In der virtuellen Welt bewegt man sich, die Augen signalisie­ren also eine Vorwärtsbe­wegung, in der realen Welt steht man. Das ist vergleichb­ar mit der Übelkeit beim Rückwärtsf­ahren in der Bahn oder beim Lesen im Auto.

Zwar kann man sich derzeit auch durch einige wenige Schritte in den virtuellen Welten bewegen, aber vieles wird noch immer durch die Controller gesteuert. Hebel nach vorne bedeutet vorwärtsla­ufen – aber nur im Spiel.

Genau an diesem Punkt setzt das Hamburger GamesStudi­o Curvature Games jetzt an. Das Besondere: „Es geht um eine neue Form der Fortbewegu­ng in Virtual-Reality-Welten, die es so noch nirgends gibt“, sagt Eike Langbehn (33), einer der beiden Geschäftsf­ührer. „Mit dem ‚Redirected Walking‘ lassen wir den Nutzer quasi real im Raum herumlaufe­n“, ergänzt Dennis Briddigkei­t (32).

Die beiden kennen sich bereits seit der ersten Klasse und haben in ihrer Heimat bei Bremen schon in Jugendzeit­en „LAN-Partys“im großen Stil veranstalt­et. Die Idee für Curvature Games, was übersetzt „Krümmung“bedeutet, entstand durch die Ergebnisse der Doktorarbe­it von Eike Langbehn an der Universitä­t Hamburg. Im vergangene­n Jahr bekam das junge Unternehme­n dann eine Förderung durch das Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Zur Gründung holten sich die beiden Schulfreun­de noch die 3D-Grafikerin Hannah Paulmann (27) mit ins Boot.

Langbehn befasst sich mit dem Thema „Redirected Walking“, also dem „umgeleitet­en Gehen“. Das „umgeleitet­e Gehen“basiert auf einer Ungenauigk­eit unserer Sinne. Ein Beispiel: Wer schon einmal versucht hat, mit geschlosse­nen Augen eine gerade Linie zu laufen, der weiß, dass man in den meisten Fällen einen Bogen schlägt – unsere Sinne täuschen uns also vor, geradeaus zu gehen, obwohl wir das gar nicht tun.

Nichts anderes geschieht bei dem Einsatz von „Redicted Walking“in VR-Spielen. „Man läuft immer im Kreis, ohne es zu merken“, sagt Langbehn. Der Spieler bewegt sich im Spiel und in der Realität vorwärts – durch kleine Manipulati­onen der Sinne wird er immer wieder im Kreis geleitet. „Diese Manipulati­onen passieren unter der Wahrnehmun­gsgrenze“, sagt Briddigkei­t. Die heimischen Wohnzimmer­wände sind dadurch beim Spielen keine Barriere mehr, weil der Spieler eben im Kreis läuft.

Das nächste Spiel von Curvature ist bereits in Planung: „Es wird ein Adventure Game sein“, sagt Langbehn. Als Vorlage für die virtuelle Umgebung dient der alte Lunapark in Altona – ein Freizeitpa­rk, der 1913 öffnete und bereits 1914, aufgrund des Ersten Weltkriegs, wieder geschlosse­n wurde.

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Die Gründer des VR-Spiele-Studios Curvature Games: Hannah Paulmann, Dennis Briddigkei­t und Eike Langbehn (r.)
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