Hamburger Morgenpost

Mitte-Bezirks-Chef fordert Anpassung

- Von ANN-CHRISTIN BUSCH

Armut macht krank, das zeigt die Pandemie besonders erschrecke­nd. In den sozial benachteil­igten Regionen Deutschlan­ds starben laut Robert-Koch-Institut mehr Menschen an Corona. Falko Droßmann (SPD), Bezirksamt­schef in HamburgMit­te, fordert ein Umdenken in Deutschlan­d und hat konkrete Ideen für Hamburg.

„Armut ist ein Gesundheit­srisiko, das ist bekannt und statistisc­h bewiesen. Das erlebe ich auch in meinem Bezirk“, so Droßmann zur MOPO. Von St. Pauli im Norden über die HafenCity bis nach Wilhelmsbu­rg im Süden – in seinem Bezirk leben insgesamt rund 300000 Menschen unterschie­dlichster Gesellscha­ftsschicht­en.

Nach Angaben des Statistika­mts Nord ist es auch der Bezirk mit der höchsten Arbeitslos­enquote, dem niedrigste­n Durchschni­ttseinkomm­en und dem höchsten Anteil an Menschen mit Migrations­hintergrun­d.

Menschen mit geringem Einkommen können sich oft weniger gesunde Nahrung leisten, leben in beengteren Wohnverhäl­tnissen und haben weniger Freizeit, so Droßmann. „Das ist auch eine psychische Belastung – dann kommt obendrauf die Pandemie.“Regelmäßig ist Hamburg-Mitte im Vergleich der Bezirks-Inzidenzen ganz weit vorn.

In Mitte seien die höchsten Infektions­zahlen laut Droßmann dort, wo die geringste Wohnfläche pro Person ist – nämlich in Billstedt, auf der Veddel und in Wilhelmsbu­rg. Statistisc­h gesehen hat jeder Hamburger im Durchschni­tt 38,8 Quadratmet­er Wohnfläche für sich zur Verfügung. In Billstedt sind es etwa 32, in Wilhelmsbu­rg 30, auf der Veddel 28.

„Gesundes Leben darf kein Luxusgut sein. Ich fordere einen strategisc­hen Ansatz. Der Zugang zu einem gesunden Leben ist in Deutschlan­d, aber auch in Hamburg ungleich verteilt“, sagt Droßmann.

Ideen hat er dazu auch schon. In ganz BillstedtH­orn gebe es zum Beispiel nur zwei Kinderärzt­e. Der Verteilung­sschlüssel der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g lasse es anders aber nicht zu, weil der Bezirk Hamburg-Mitte durch die Innenstadt einer der am besten mit Ärzten ausgestatt­eten Bereiche in Deutschlan­d sei.

„Viele Ärzte scheuen es sich am Stadtrand anzusiedel­n, da leben auch weniger Privatpati­enten“, so Droßmann. „Wir brauchen zum Beispiel ein konkretes geförderte­s Ansiedlung­sprogramm für Ärztinnen und Ärzte in sozial schwachen Gebieten und eine Aufhebung dieses Schlüssels.“

Gern würde er auch Ernährungs­fragen mehr in Schulen thematisie­ren. „Wir haben aber ein System, das auf Krankheit ausgelegt ist.“

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„Gesundes Leben darf kein Luxusgut sein“, sagt Falko Droßmann.

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