Hamburger Morgenpost

Jetzt streamen schon die Knirpse

TIGERBOX Hamburger entwickeln Hörspiel-Gerät für Kinder. Es soll beim Umgang mit digitalen Medien helfen Schallplat­te, MC & Co.: Wie wir früher gehört haben

- Von SINA RIEBE

Ein kurzes Knacken, wenn die Nadel aufsetzte. Ein dumpfes Rauschen nach Herunterdr­ücken der Playtaste. In beiden Fällen war die Vorfreude auf den Moment groß, wenn endlich die Titelmelod­ie losging. Zwar feiern die Schallplat­ten schon länger wieder ihre Auferstehu­ng, doch die meisten Menschen hören Musik, Podcasts oder Hörbücher mittlerwei­le über Dienste wie Apple Music oder Spotify. Kassetten sind etwas für Liebhaber, einige wenige klammern sich noch an CDs. Selbst Knirpse streamen bereits. Möglich machen dies Erfinder aus Hamburg, die eine spezielle Box entwickelt haben. „Törööö“per Touchdispl­ay.

Martin Kurzhals und Till Weitendorf haben im Hamburger Kinderbuch­verlag

Friedrich Oetinger gearbeitet, dann gründeten sie Tigermedia. „Damit wollten wir diese Geschichte­n in die digitale Welt überführen“, sagt Kurzhals. Er selbst hat Hörspiele als Kind geliebt, saß häufig mit einem Kakao vor dem Plattenspi­eler und lauschte.

Während es für Erwachsene mittlerwei­le fast selbstvers­tändlich ist, Streamingd­ienste zu nutzen, gab es das für Kinder kaum, so die Erfinder. Die Tigerbox soll sich mit dem Kind entwickeln und es altersgere­cht an den Umgang mit digitalen Medien heranführe­n, sagt Kurzhals. „Hörspiele sind wertvoll für die Entwicklun­g der Kids: Sie fördern die Sprachentw­icklung und bereiten so auf die Schule vor.“

Die Box funktionie­rt auf zwei Arten: Die kleinen Kinder können sogenannte Tigercards in die Boxen stecken, um das jeweilige Hörspiel,

Die ersten Schallplat­ten wurden bereits im 19. Jahrhunder­t hergestell­t. Lange bevor sich Vinyl durchsetzt­e, wurde zunächst Hartgummi als brauchbar empfunden. Damals wurden so vor allem Kinderlied­er vertont, erst in den 1920er Jahren entstanden Hörspiele. Ein Genre, das zunächst für Erwachsene produziert wurde und – so heißt es – in Deutschlan­d zwischen 1945 und 1950 so erfolgreic­h war, weil viele Lichtspiel­häuser

das sich auf der Karte befindet, abzuspiele­n. Das Prinzip ist also ähnlich wie bei Kassetten oder CDs – für ein neues Hörspiel muss eine neue Karte eingesetzt werden. Von der Idee erinnert es an die Tonie-Box, bei der kleine Figuren statt der Karten aufgesetzt und die jeweiligen Hörspiele abgespielt werden.

Die zweite Möglichkei­t ist das Tigerticke­t. Das ist ebenfalls eine Karte, die in die Box gesteckt wird. Mit einem Unterschie­d: Es ist nicht nur ein Hörspiel darauf, sondern

im Zweiten Weltkrieg zerstört worden waren.

Das erfolgreic­hste deutsche Hörspiel ist die Reihe „Die drei Fragezeich­en“, die seit 1979 produziert wird. Beinahe eineinhalb Jahrzehnte später also als Kassetten. Nach den CDs folgte mit dem iPod von Apple zur Jahrtausen­dwende der Durchbruch für digitale Produktion­en. bietet die komplette Mediathek: „Sie können in den verschiede­nen Themenwelt­en stöbern“, sagt Kurzhals. „Und dank der Bilder auch ohne Lesevermög­en und Mamas oder Papas Hilfe zu ihren Lieblingsi­nhalten finden.“Ein Streamingd­ienst für Kinder. Die Tickets haben ver- schiedene

Laufzeiten – von einem bis zwölf Monate.

Statt die Bänder von Kassetten mit einem Bleistift mühsam wieder aufzudrehe­n, um Benjamin Blümchen zu hören, müssen hier nur die Laufzeiten beachtet werden. Für Nostalgike­r sicherlich kein Grund für den Umstieg. Praktische­r ist es aber definitiv.

 ??  ?? Vinyl ist noch heute sehr beliebt. Nahezu parallel mit der Entwicklun­g der Schallplat­ten (l. oben) kamen auch die ersten Hörspiele auf. Kassetten (r. oben) sorgten für einen analogen Boom. Seit Apple den iPod (l. unten) auf den Markt gebracht hat, ist die Musikwelt so richtig digital geworden.
Vinyl ist noch heute sehr beliebt. Nahezu parallel mit der Entwicklun­g der Schallplat­ten (l. oben) kamen auch die ersten Hörspiele auf. Kassetten (r. oben) sorgten für einen analogen Boom. Seit Apple den iPod (l. unten) auf den Markt gebracht hat, ist die Musikwelt so richtig digital geworden.
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Hat mit einem Geschäftsp­artner die Tigerbox erfunden: Martin Kurzhals
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