Raubtiere in norddeutsche
NATUR Wolf, Marderhund und Luchs sind zurück
Erst vor Kurzem machte die Sichtung von Luchsen in norddeutschen Wäldern Schlagzeilen – lange galt das Raubtier hierzulande als ausgestorben. Doch neben dem Luchs finden sich noch weitere Raub- und Wildtiere bei uns im Norden. Sogar in Hamburg selbst gibt es Tiere, die man nicht alle Tage sieht.
Der in Hanstedt (Nordheide) geborene Autor und Naturexperte Claus-Peter Lieckfeld beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit Raubtieren in Deutschland. Er selbst nennt die Tiere allerdings lieber Beutegreifer, denn „im Gegensatz zu Menschen rauben Tiere ja nicht. Dazu fehlt ihnen der niedere Beweggrund.“
Eines der größten in Norddeutschland vorkommenden Raubtiere ist der Wolf. Erst vor wenigen Wochen wurde in MecklenburgVorpommern ein ganzes Rudel gesichtet. Und auch in der Gegend um Harburg leben Wölfe – für viele Menschen ein bedrohliches Gefühl.
„Wölfe, die es seit der letzten Jahrhundertwende wieder in Deutschland gibt, haben noch keinen Menschen bedroht oder gar angegriffen. Dass sie sich gelegentlich an Schafe ranmachen, ist allerdings wahr“, beruhigt Lieckfeld.
Weil die Tiere nicht gejagt werden dürfen und in Rehen und Schafen überreichlich Beute finden, wächst die Population. „Wölfe sind genetisch auf Wanderung programmiert. Ist ein Rudel komplett, wandert die junge Generation ab“, erklärt der Norddeutsche. Dass sie sich jedoch irgendwann auch in die Stadt wagen könnten, hält er dann doch eher für unwahrscheinlich.
Neben dem Wolf gibt es aber auch noch unbekanntere Beutegreifer in und um Hamburg.
So lebt in SchleswigHolstein eine große Population Marderhunde, auch Enoks genannt.
„Die sehen auf den ersten Blick wie hochbeinige Waschbären aus, sind aber mit den Wölfen und Hunden verwandt“, so Lieckfeld.
Und auch im Hamburger Stadtgebiet gibt es bereits erste sichere Nachweise der Marderhunde. In Wilhelmsburg wurden die etwa 70 Zentimeter großen Tiere bereits gesichtet. „Enoks sind äußerst scheu und schwer zu beobachten“, sagt der Experte.
Waschbären sind ebenfalls im Norden heimisch geworden. Laut Naturschutzbund Schleswig-Holstein (Nabu) ist der Bestand der Allesfresser in dem Bundesland seit Jahren konstant. Sogar mitten in Hamburg wurden die kleinen Bären schon ab und zu gesichtet, 2016 wurde zum Beispiel ein verschreckter Waschbär in Eppendorf gefunden.
Er ist das viertgrößte Landraubtier Europas – und nachdem er viele Jahre als ausgestorben galt, wurden jüngst wieder einige Luchse in deutschen Wäldern gesichtet. Die Population wächst, auch in der Lüneburger Heide und im südniedersächsischen Mittelgebirge Solling gibt es Vorkommen. Insgesamt leben 135 Exemplare in Deutschland (Stand 2018), schreibt Lieckfeld.
Zu den kleineren Beutegreifern gehört der Fischotter. 2006 wurde er im relativ dicht besiedelten Reitbrook (Bergedorf) nachgewiesen, berichtet Lieckfeld. Entlang der Dove-Elbe ist der Fischotter auch unterwegs. „Selten, aber nicht vom Aussterben bedroht“, meint Lieckfeld.
Und wie sieht es bei den Vögeln aus? Lieckfeld zählt in seinem 2020 erschienen Buch „Die Wiederkommer – Luchs, Wolf, Bär, Biber, Kolkrabe“auch Raben zu den „Big Five“.
Der Kolkrabe kommt im Norden sowohl in den Wäldern als auch in der Stadt vor. Laut Nabu brüten die Vögel inzwischen auch gerne auf Hochspannungsmasten. Mit einer Spannweite von bis zu 1,40 Metern ist der Kolkrabe sogar größer als ein Bussard.
Der Norden hat im Bereich der Wild- und Raubtiere also einiges zu bieten. „Städte, auch Millionenstädte wie Hamburg, sind in den letzten Jahren zu Inseln der Artenvielfalt geworden“, freut sich Lieckfeld. Besonders für kleinere Wildtiere wie Schmetterlinge und Vögel bieten Städte mit viel Grün zahlreiche Brutmöglichkeiten.