Ausgangssperre gegen die Pandemie
Vorgesehen ist das ab einer Inzidenz von 100.
Nach Mallorca darf man fliegen, aber Ostern in St. Peter-Ording oder Kühlungsborn soll verboten sein? Wenn die Ministerpräsidenten und -präsidentinnen heute mit der Kanzlerin beraten, wird eine Frage für Zoff sorgen: Wie halten wir es mit den Öffnungen zu Ostern? Mehrere Länder fordern die Freigabe von Campingplätzen und Ferienwohnungen zumindest für die einheimische Bevölkerung.
In einer Beschlussvorlage der SPD-geführten Länder für den heutigen Coronagipfel heißt es: „Das Konzept des kontaktarmen Urlaubs kann für Bürgerinnen und Bürger des jeweils eigenen Landes ermöglicht werden. Dies trifft für Apartments und Ferienwohnungen oder für Wohnwagen und Wohnmobile auf entsprechenden Stellplätzen und Campingplätzen
zu.“Heißt: Schweriner dürften an der Ostsee übernachten und Lübecker an der Nordsee, aber Hamburger müssten mit Alster und Elbe vorliebnehmen.
Deutschland steht vor einem zweiten Pandemie-Ostern und trotz Impfstoff ist die Lage für Gastronomie und Hotellerie nicht besser als vor einem Jahr: Seit dem Wochenende liegen zehn von 16 Bundesländern über einer Inzidenz von 100. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) warnte in der „Bild am Sonntag“vor einer großen Oster-Reisewelle, die „den Sommerurlaub für uns alle gefährdet“.
Schleswig-Holstein und MecklenburgVorpommern hingegen dringen auf Lockerungen, zumindest für die eigene Bevölkerung. „Viele Menschen verstehen nicht, dass es Möglichkeiten für den Osterurlaub auf Mallorca gibt, aber zu Hause nicht einmal eine Ferienwohnung im eigenen Bundesland angemietet werden kann“, so Meck-Pomm-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).
Die 7-Tage-Inzidenzen von Mecklenburg-Vorpommen (73,3) und SchleswigHolstein (59,4) liegen unter dem Bundesschnitt (104, Stand 21. März). Die regionalen Unterschiede sind groß: Im Landkreis Nordfriesland etwa, mit den Inseln Sylt, Amrum und Föhr, liegt die Inzidenz bei nur 31. Sie könnten von einer Idee der rheinland-pfälzischen Regierungschefin Malu Dreyer profitieren, die lokale „Modellprojekte“befürwortet, bei denen in Regionen mit einem Inzidenzwert unter 100 Lockerungen ausprobiert werden, sofern „ein lückenloses Test- und Kontakterfassungssystem vorliegt und die Kontrolle sichergestellt ist“.
Sollte wegen der Infektionszahlen das wichtige Ostergeschäft weitgehend verboten werden, dann solle der Bund laut Beschlussvorlage den Betrieben die Ausfälle ersetzen.
Für Mallorca-Reisende (und ande
re Auslandsurlauber) sollte erneut eine Quarantäne angeordnet werden, heißt es in der Vorlage: „Reisen, insbesondere Urlaubsreisen ins Ausland, müssen unabhängig von Inzidenzen im Zielland mit einer epidemiologisch gebotenen Quarantäne und einer Testpflicht vor Rückreise und bei Einreise in die Bundesrepublik Deutschland verbunden sein.“Die 7-Tage-Inzidenz auf Mallorca liegt derzeit unter 20.
Offenbar ist der Ansturm auf Mallorca-Flüge nach der Aufhebung der Quarantänepflicht den Politikern suspekt. Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“: „Es ist schon ein bisschen absurd, dass wir nach Mallorca fliegen dürften, gleichzeitig aber kein Kurzurlaub auf den Ostfriesischen Inseln, im Harz oder in der Heide erlaubt ist.“
Aus epidemiologischer Sicht sei ein Mallorca-Trip problematisch, so Epidemiologe Gérard Krause in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“: „Es ist leicht vorstellbar, dass man sich dort, wenn viele Menschen aus vielen Nationen zusammenkommen, leichter infizieren kann.“
Reise-Riese TUI meldet indes eine extrem hohe Nachfrage nach Urlaub auf Mallorca. Die Rede ist gar von einer Verdopplung gegenüber März 2019, also dem Vergleichszeitraum vor der Corona-Krise. Laut dem mallorquinischen Hotelverband Fehm sind 55 Prozent der Betten auf Mallorca für die Osterwoche ausgebucht.
Die Aussicht auf eine weitere Verlängerung des Lockdowns trifft auf schwindende Akzeptanz: Laut einer Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ist eine Mehrheit der Deutschen gegen Verschärfungen des Lockdowns. Für eine erneute Ausweitung von Kontakt-Einschränkungen sprachen sich nur noch 30 Prozent aus. 23 Prozent sind für eine Beibehaltung der vorerst bis 28. März geltenden Maßnahmen, 22 Prozent sind sogar für Lockerungen. 15 Prozent befürworten ein Ende aller Einschränkungen.