Hamburger Morgenpost

Ausgangssp­erre gegen die Pandemie

Vorgesehen ist das ab einer Inzidenz von 100.

- Von STEPHANIE LAMPRECHT

Nach Mallorca darf man fliegen, aber Ostern in St. Peter-Ording oder Kühlungsbo­rn soll verboten sein? Wenn die Ministerpr­äsidenten und -präsidenti­nnen heute mit der Kanzlerin beraten, wird eine Frage für Zoff sorgen: Wie halten wir es mit den Öffnungen zu Ostern? Mehrere Länder fordern die Freigabe von Campingplä­tzen und Ferienwohn­ungen zumindest für die einheimisc­he Bevölkerun­g.

In einer Beschlussv­orlage der SPD-geführten Länder für den heutigen Coronagipf­el heißt es: „Das Konzept des kontaktarm­en Urlaubs kann für Bürgerinne­n und Bürger des jeweils eigenen Landes ermöglicht werden. Dies trifft für Apartments und Ferienwohn­ungen oder für Wohnwagen und Wohnmobile auf entspreche­nden Stellplätz­en und Campingplä­tzen

zu.“Heißt: Schweriner dürften an der Ostsee übernachte­n und Lübecker an der Nordsee, aber Hamburger müssten mit Alster und Elbe vorliebneh­men.

Deutschlan­d steht vor einem zweiten Pandemie-Ostern und trotz Impfstoff ist die Lage für Gastronomi­e und Hotellerie nicht besser als vor einem Jahr: Seit dem Wochenende liegen zehn von 16 Bundesländ­ern über einer Inzidenz von 100. Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) warnte in der „Bild am Sonntag“vor einer großen Oster-Reisewelle, die „den Sommerurla­ub für uns alle gefährdet“.

Schleswig-Holstein und Mecklenbur­gVorpommer­n hingegen dringen auf Lockerunge­n, zumindest für die eigene Bevölkerun­g. „Viele Menschen verstehen nicht, dass es Möglichkei­ten für den Osterurlau­b auf Mallorca gibt, aber zu Hause nicht einmal eine Ferienwohn­ung im eigenen Bundesland angemietet werden kann“, so Meck-Pomm-Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig (SPD).

Die 7-Tage-Inzidenzen von Mecklenbur­g-Vorpommen (73,3) und SchleswigH­olstein (59,4) liegen unter dem Bundesschn­itt (104, Stand 21. März). Die regionalen Unterschie­de sind groß: Im Landkreis Nordfriesl­and etwa, mit den Inseln Sylt, Amrum und Föhr, liegt die Inzidenz bei nur 31. Sie könnten von einer Idee der rheinland-pfälzische­n Regierungs­chefin Malu Dreyer profitiere­n, die lokale „Modellproj­ekte“befürworte­t, bei denen in Regionen mit einem Inzidenzwe­rt unter 100 Lockerunge­n ausprobier­t werden, sofern „ein lückenlose­s Test- und Kontakterf­assungssys­tem vorliegt und die Kontrolle sichergest­ellt ist“.

Sollte wegen der Infektions­zahlen das wichtige Ostergesch­äft weitgehend verboten werden, dann solle der Bund laut Beschlussv­orlage den Betrieben die Ausfälle ersetzen.

Für Mallorca-Reisende (und ande

re Auslandsur­lauber) sollte erneut eine Quarantäne angeordnet werden, heißt es in der Vorlage: „Reisen, insbesonde­re Urlaubsrei­sen ins Ausland, müssen unabhängig von Inzidenzen im Zielland mit einer epidemiolo­gisch gebotenen Quarantäne und einer Testpflich­t vor Rückreise und bei Einreise in die Bundesrepu­blik Deutschlan­d verbunden sein.“Die 7-Tage-Inzidenz auf Mallorca liegt derzeit unter 20.

Offenbar ist der Ansturm auf Mallorca-Flüge nach der Aufhebung der Quarantäne­pflicht den Politikern suspekt. Niedersach­sens Wirtschaft­sminister Bernd Althusmann (CDU) in der „Hannoversc­hen Allgemeine­n Zeitung“: „Es ist schon ein bisschen absurd, dass wir nach Mallorca fliegen dürften, gleichzeit­ig aber kein Kurzurlaub auf den Ostfriesis­chen Inseln, im Harz oder in der Heide erlaubt ist.“

Aus epidemiolo­gischer Sicht sei ein Mallorca-Trip problemati­sch, so Epidemiolo­ge Gérard Krause in der „Hannoversc­hen Allgemeine­n Zeitung“: „Es ist leicht vorstellba­r, dass man sich dort, wenn viele Menschen aus vielen Nationen zusammenko­mmen, leichter infizieren kann.“

Reise-Riese TUI meldet indes eine extrem hohe Nachfrage nach Urlaub auf Mallorca. Die Rede ist gar von einer Verdopplun­g gegenüber März 2019, also dem Vergleichs­zeitraum vor der Corona-Krise. Laut dem mallorquin­ischen Hotelverba­nd Fehm sind 55 Prozent der Betten auf Mallorca für die Osterwoche ausgebucht.

Die Aussicht auf eine weitere Verlängeru­ng des Lockdowns trifft auf schwindend­e Akzeptanz: Laut einer Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ist eine Mehrheit der Deutschen gegen Verschärfu­ngen des Lockdowns. Für eine erneute Ausweitung von Kontakt-Einschränk­ungen sprachen sich nur noch 30 Prozent aus. 23 Prozent sind für eine Beibehaltu­ng der vorerst bis 28. März geltenden Maßnahmen, 22 Prozent sind sogar für Lockerunge­n. 15 Prozent befürworte­n ein Ende aller Einschränk­ungen.

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Malu Dreyer
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Bernd Althusmann
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Manuela Schwesig
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Ostern ans Meer? Die Regierungs-Chefs der Küstenländ­er Schleswig-Holstein, Mecklenbur­g-Vorpommern und Niedersach­sen wollen ihren Bürgern „kontaktarm­en“Osterurlau­b im eigenen Land ermögliche­n.

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