Merkels Abbitte: Was passiert jetzt?
Kanzlerin entschuldigt sich. Bewegung bei Reisen und Tests
BERLIN – Die Kanzlerin hat die Notbremse gezogen. Die politische. Sie stoppte gestern überraschend die erst am Dienstag in aller Herrgottsfrühe beim Corona-Gipfel beschlossene „Osterruhe“und nahm dies nach einer Videokonferenz mit den Ministerpräsidenten öffentlich auf ihre Kappe: „Dieser Fehler war einzig und alleine mein Fehler.“Es folgte ein Tag, wie ihn die Hauptstadt so noch nicht erlebt hat.
Der Beschluss zur Osterruhe habe in der Bevölkerung zusätzliche Verunsicherung ausgelöst, erklärteAngela Merkel (CDU). „Das bedauere ich zutiefst. Dafür möchte ich mich bei den Bürgerinnen und Bürgern entschuldigen.“Hintergrund: Offenbar war bei dem eher spontanen Vorstoß zur „Osterruhe“in den Verhandlungen (MOPO berichtete) nicht ausreichend an die (arbeits)rechtlichen Folgen gedacht worden. Spontan zusätzliche Feiertage ausrufen – das funktioniert in einem strikt reglementierten Deutschland nicht. Zudem hatte es nicht nur von Einzelhändler-Verbänden Kritik gehagelt.
Mit ihrem Schachzug lockte Merkel auch die Ministerpräsidenten aus der Reserve. „Das war unser gemeinsamer Fehler“, sagten mehrere Länderchefs fast wortgleich. Und mehr noch: „Es wird keine BundLänder-Gipfel mehr geben, die bis 3 Uhr dauern“, versprach Malu Dreyer (SPD), Regierungschefin in Rheinland-Pfalz. Ähnlich äußerte sich auch CSU-Chef Markus Söder, der die „Osterruhe“maßgeblich vorbereitet hatte. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) appellierte an die Bürger trotz des gekippten Oster-Lockdowns über die Feiertage zu Hause zu bleiben.
Aber außer Appellen – was ersetzt nun die „Osterruhe“, damit die Infektionszahlen nicht explodieren?
Merkel wurde danach auch bei der etwa einstündigen Regierungsbefragung im Bundestag gefragt. Die Kanzlerin verwies auf die Gipfel-Beschlüsse: „Dort ist für die Bundesländer die Möglichkeit für weitere Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen vorgesehen. Aber dazu gibt es verschiedene Überzeugungen, ich möchte das nicht vorschreiben.“
Lässt Merkel die Pandemie also einfach laufen? Wohl doch nicht ganz. Wie Regierungssprecherin Ulrike Demmer ankündigte, lässt die Regierung nun Möglichkeiten prüfen, Reisen ins Ausland für eine bestimmte Zeit zu verbieten. Besonders im Fokus steht dabei Mallorca, wo über die Feiertage Hunderte Flüge aus Deutschland erwartet werden.
Und auch an einem anderen Punkt zeigt sich Merkel nun flexibel: einer Corona-Testpflicht am Arbeitsplatz. „Wir sind bereit, das auch gesetzlich zu regeln, wenn es freiwillig nicht funktioniert.“Zunächst wolle man aber einen entsprechenden Bericht abwarten und dann im April entscheiden.
Der Opposition genügen solche Arbeitsnachweise inzwischen nicht mehr. FDP und Linke forderten Merkel auf, die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Die Regierungschefin ging darauf nicht weiter ein – Unions- und SPD-Abgeordnete zeigten aber mit Applaus, dass sie weiterhin hinter Merkel stehen. Dabei waren zuvor hinter den Kulissen die Fetzen geflogen.
Dieser Fehler ist einzig und alleine mein Fehler.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über die „Osterruhe“