W folgen den Worten Taten?
Regierung gibt sich optimistisch – ignoriert aber eigene Experten
BERLIN – Nach der Entschuldigung ist vor dem „Weiter so“: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich gestern bei ihrer Regierungserklärung im Bundestag Kritik am Corona-Management verbeten. Was Experten oder die Zahlen sagen, scheint für die Bundesregierung nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen.
An Optimismus ließ es Merkel in ihrer Rede nicht fehlen: „Wir werden dieses Virus besiegen.“Oder: „Es nützt nicht, den ganzen Tag etwas zu kritisieren, wir müssen was tun!“Wer würde dem widersprechen? Was genau die Regierungschefin anders machen will als bisher, ließ sie aber nicht klar erkennen.
Offensichtlich spielen die eigenen Experten der Regierung bei den Überlegungen praktisch keine
Rolle mehr. Stunden vor Merkels Rede hatte Lothar Wieler, Chef des RobertKoch-Instituts (RKI), noch erklärt: „Wir können einen Anstieg der Infektionszahlen nicht ohne einen Lockdown stoppen. Wir haben momentan kein anderes Instrument zur Hand.“Und die Lage spitzt sich dramatisch zu. Am Donnerstag registrierte das RKI 22 657 Neuinfektionen – 6800 mehr als am Tag zuvor. Aber einen „Lockdown“thematisierte Merkel in ihrer Regierungserklärung erst gar nicht mehr. Diese drehte sich offiziell um den EU-Gipfel, doch die Corona-Politik nahm einen erheblichen Teil ein. Immerhin gestand Merkel ein, dass die Pandemie „gravierende Schwachstellen“bei Bund und Ländern offengelegt habe – um die Verantwortung sogleich weiterzuschieben: „Für 40 000 Schulen und Tausende von Kitas kann der Bund nicht von Berlin aus die Testinfrastruktur vorhalten. Sondern dafür haben wir ja eine föderale Ordnung.“Außerdem sei es keinem Bürgermeister oder Landrat verwehrt, „das zu tun, was in Rostock oder Tübingen getan wird“. Beide Städte verfolgen seit Längerem eine vorsichtige Öffnungsstrategie, die bis Mittwoch in der Regierung aber kaum Beachtung fand.
Unbeirrt zeigt sich auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD). Er hatte ab dem zweiten Quartal, also bereits ab kommendem Donnerstag, eine erhebliche Beschleunigung des Impftempos versprochen. Bis zu zehn Millionen Dosen könnten pro Woche verabreicht werden, versprach er zu Monatsbe
Zehn Millionen Impfungen pro Woche sind möglich. Wir werden dieses Virus besiegen!
ginn. „Ich habe dafür gesorgt, dass das auch funktioniert“, setzte er hinzu. Vor Kurzem wiederholte er das Versprechen.
Momentan sprechen die Zahlen allerdings gegen Scholz: Das Impftempo in Deutschland stagniert. Laut RKI wurden zuletzt (Dienstag) rund 268 000 Impfdosen an einem Tag verabreicht. An den Tagen vor dem ImpfStopp für AstraZeneca waren es bis zu 304 000 Dosen. Gleichzeitig liegen nach wie vor Millionen Impfungen ungenutzt in den Lagern.
Inzwischen kommen selbst den Grünen, bisher verlässlich an der Seite der GroKo, Zweifel an der Entschlossenheit der Regierung: „Wir werden schlecht regiert, verzagt regiert“, resümierte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt im Bundestag.