Hamburger Morgenpost

Verlängern oder verkaufen?

FINN OLE BECKER Zukunft des Toptalents wird zu einer strategisc­hen Frage für St. Pauli

- NILS WEBER nils.weber@mopo.de

Es ist nicht zu übersehen: Unter der Regie von Trainer Timo Schultz spielt Finn Ole Becker seine beste Saison beim FC St. Pauli. Ein Eigengewäc­hs als Leistungst­räger in einer starken Mannschaft – das ist nicht nur schön, sondern auch wichtig für den Verein, dem Identifika­tionsfigur­en gut zu Gesicht stehen. Die Zukunft des 20-Jährigen, der früher oder später in der Bundesliga landen wird, dürfte in den nächsten Wochen eine zentrale Frage werden. Dem Kiezklub und auch Becker steht eine strategisc­he Entscheidu­ng bevor.

Auf dem Papier deutet nichts auf eine Dringlichk­eit in der Angelegenh­eit hin, und das Thema ist auch noch nicht akut, aber das Zeitfenste­r längst nicht so weit offen, wie es Beckers Vertragsla­ufzeit bis 2022 vermuten lassen könnte. Und es ist bereits Bewegung in dieser Sache.

Der Wert des 20-Jährigen für St. Pauli ist enorm hoch und längst nicht nur sportliche­r Natur. Der gebürtige Elmshorner, der als Elfjährige­r in die Jugend des Kiezklubs wechselte, ist das Aushängesc­hild der braun-weißen Nachwuchsa­rbeit, Vorbild vieler Jugendspie­ler im Verein.

Beckers sportliche­r Stellenwer­t lässt sich anhand der Zahlen in dieser Spielzeit ermessen. 23 Partien hat er bislang bestritten, davon 20 von Beginn an (1624 Minuten), ein Tor erzielt und eines vorbereite­t.

Nach dem jüngsten 2:1Sieg in Osnabrück, bei dem Becker nach zwei Spielen Pause wieder mitgemisch­t hatte, bescheinig­te Trainer Schultz seinem Schützling „große Spielfreud­e“. Becker habe zuvor „gefehlt“, denn er sei „ein wichtiger Teil der Mannschaft“. Der Coach hält große Stücke auf den enorm talentiert­en und sensiblen Mittelfeld-Techniker.

Becker hat in den vergangene­n Monaten den vielzitier­ten nächsten Schritt gemacht. „Finn hat sich in dieser Saison stabilisie­rt, gut weiterentw­ickelt und ist zu einem wichtigen Spieler bei uns geworden“, lobt Sportchef Andreas Bornemann im Gespräch mit der MOPO.

Starke Leistungen wecken Begehrlich­keiten. Schon länger ist Becker auf dem Radar zahlreiche­r Klubs aus der Bundesliga und dem Ausland.

ist nur logisch bei ei

Spieler seines Talents, der mehrfach für woanders bessere KarriereCh­ancen?

Der Vertrag bis 2022 ist keine Garantie für seinen Verbleib über diese Saison hinaus. Die entscheide­nde Frage für St. Pauli, die sich deshalb jetzt stellt, lautet: verlängern oder verkaufen?

Der Kiezklub kann es sich nicht leisten, einen wertvollen Spieler wie Becker nach Vertragser­füllung in eineinhalb Jahren ablösefrei ziehen zu lassen. Siehe Henk Veerman vor einem Jahr. Gerade erst hat das Portal „Transferma­rkt“Beckers Marktwert um 700000 Euro auf 2,5 Millionen Euro hochgestuf­t. In diesem Bereich könnte St. Pauli bei einem vorzeitige­n Verkauf verdienen. Einen Bundesligi­sten wird eine solche Summe nicht abschrecke­n.

Auch eine Vertragsve­rlängerung mit entspreche­nden Klauseln, die Becker einen Ausstieg und St. Pauli finanziell­e Garantien einräumen, könnte eine Option sein.

So oder so ist die Personalie Becker eine besondere bei St. Pauli. „Finn hat hier mehrere Jahre gespielt und ist bei uns ausgebilde­t worden“, betont Bornemann. „Das ist auch zu berücksich­tigen.“In vielerlei Hinsicht.

Wir wollen einen Weg finden, dass es hier gemeinsam weitergeht. Andreas Bornemann

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