Hamburgs Boom-Stadtteil an der Elbe
NEUENFELDE Die Gegend lag im Sterben – jetzt ziehen immer mehr Familien dorthin
Einst abgeschrieben, jetzt angesagt: Immer mehr Familien ziehen ins Alte Land nach Neuenfelde.
Vor mehr als zehn Jahren verlängerte das Airbus-Werk seine Start- und Landebahn in Neuenfelde – damit begann das langsame Sterben des Stadtteils. Jetzt erwacht hier wieder neues Leben: Immer mehr junge Familien zieht es in den Stadtteil südlich der Elbe.
Die MOPO hat eine von ihnen getroffen: Marco (35) und Sophia (31) Schumann sind im September mit ihrem kleinen Sohn ins Alte Land gezogen. „Es war utopisch, eine Vier-Zimmer-Wohnung in Ottensen zu suchen“, sagen sie.
Dort haben die beiden bisher gewohnt. Vor neun Monaten kam dann während der Corona-Krise noch die Geburt ihres Sohnes dazu: „Es ist dort alles so dicht auf dicht, und es fehlt einfach das Grüne“, erzählt Sophia Schumann.
Durch Zufall hätten sie erfahren, dass das städtische Bauunternehmen SAGA in
Neuenfelde baue. „Wir sind dann immer öfter ins Alte Land rausgefahren und haben uns die Gegend angeschaut“, so die 31-jährige Logopädin.
Was jetzt allerdings unabdingbar geworden ist: das Auto. Früher sei sie Fahrradfahrerin gewesen, jetzt brauchesiemitdemPkw25Minuten nach Altona zur Arbeit.
Trotzdem lohne sich das: „Wir sind beide Elb-Kinder und es war uns wichtig, dass die Elbe bei uns in der Nähe ist“, betont Sophie Schumann. „Im Speckgürtel von Hamburg ist die Miete erschwinglich,undwirsinddichtam Deich.“
Während des Airbus-Ausbaus sah es damals danach aus, als würde der Stadtteil aussterben. Um 589 Meter wurde die Landebahn auf 3273 Meter verlängert. 67 Gebäude standen anschließend fast 15 Jahre lang leer, weil die Stadt Hamburg aus Angst vor Klagen gegen Fluglärm fast einen gesamten Straßenzug im Ortskern kaufte.
Die MOPO fragte beim städtischen Bauunternehmen SAGA nach. Dies bestätigte, dass seit 2015 „Maßnahmen zur Wiederbelebung und Neuvermietung sowie der Zustand der einzelnen Gebäude geprüft werden“. Einzelne Gebäude seien saniert, andere durch Neubau ersetzt worden, so Sprecher Gunnar Gläser.
Heinz und Inge Wille leben seit 48 Jahren in Neuenfelde. Sie haben den langsamen Wandel des Stadtteils hautnah miterlebt. „Lange Jahre gab es hier so viel Leerstand“, erzählt die 73-Jährige. „Aber so allmählich wird es hier auch wieder bevölkert.“
Seit November leben sie ebenfalls in einer der frisch renovierten SAGA-Wohnun
gen. „Mein Mann und ich sind beide auf dem Land groß geworden und ein Leben in der großen City könnten wir uns gar nicht vorstellen“, sie lacht bei dem Gedanken. Hier gebe es von Einkaufsläden über Ärzte bis zum Friseur alles, was sie bräuchten.
Insgesamt 55 Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern und rund 80 bis 100 Quadratmetern werden in Neuenfelde gebaut. Davon sind 18 öffentlich geförderte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und 37 Wohnungen in Reihenhäusern. Voraussichtlich bis Ende 2021 sollen diese fertiggestellt und vermietet sein.