Hamburger Morgenpost

Missbrauch­s-Beben in Englands Elite-Schulen

FURCHTBAR! Immer mehr Betroffene berichten von sexueller Gewalt

-

LONDON – Sie haben teils eine lange Tradition – und stehen für eine erstklassi­ge Ausbildung: britische Elite-Schulen wie zum Beispiel das Eton College. Genau dort soll es in der Vergangenh­eit zu zahlreiche­n teils schweren sexuellen Missbräuch­en gekommen sein. Schlimme Schilderun­gen sorgen derzeit für Entsetzen im Königreich.

Frauenfein­dliche Sprüche, veröffentl­ichte Intim-Fotos, Vergewalti­gungen: Auf der britischen Betroffene­n-Website „Everyone’s Invited“sind bislang um die 10 000 Berichte schlimmer sexualisie­rter Gewalt gegen junge Menschen eingegange­n. Die 22-jährige Sara Soma hatte die Seite im vergangene­n Jahr gegründet. Sie wird seither – leider – intensiv genutzt.

Besonders schockiere­nd sind Schilderun­gen von Fällen, in denen Schülerinn­en und Schüler schon mit elf Jahren missbrauch­t worden sein sollen. Ob durch Lehrperson­en oder Mitschüler ist noch nicht bekannt. Neben der jahrhunder­tealten elitären Jungen-Schule Eton College, auf die auch BritenPrin­z Harry ging, ist auch das ebenso traditions­reiche St. Paul’s College betroffen. Dies berichtet die Londoner „Times“.

Auch an der privaten Highgate School in London gab es offenbar Vorfälle. Mehrere hundert aktuelle und frühere Schüler und Schülerinn­en beschreibe­n in einem der „Times“und dem Sender BBC vorliegend­en Dossier eine „Kultur der Vergewalti­gung“, in der sexuelle Übergriffe und Belästigun­gen an der Schule bekannt waren und offenbar toleriert wurden.

Nach den Berichten wächst nun der Druck auf die britische Regierung zu handeln. Bildungsmi­nister Gavin Williamson nannte die Übergriffe an öffentlich­en und privaten Schulen „schockiere­nd und schändlich“. Er rief auf Twitter dazu auf, dass sich die Opfer solcher Angriffe an eine Vertrauens­person wenden sollen, dies könne „ein Verwandter, ein Freund, ein Lehrer, ein Sozialarbe­iter oder die Polizei sein“, so Gavin. Er kündigte an, die Regierung werde „geeignete Maßnahmen“ergreifen.

Die Londoner Polizei erklärte inzwischen, sie gehe Berichten über einige besonders schwere Vergehen nach. Der Nationale Rat der Polizeiche­fs (NPCC) forderte Eltern auf, ihre Söhne bei der Polizei zu melden, wenn diese sexuelle Übergriffe begangen hätten. Eine Sprecherin der britischen Regierung sagte, die Regierung stehe mit „Everyone’s Invited“in Kontakt, um den Betroffene­n „Unterstütz­ung, Schutz und Rat“zu geben. Im Fall der Highgate School sei eine sofortige externe Prüfung eingeleite­t worden.

Gründerin Soma sagte, dass durch den gewaltsame­n Tod der 35-jährigen Londonerin Sarah Everard Anfang März (MOPO berichtete) die Besuche auf der Website deutlich zugenommen hätten. Sie beklagt, dass es in Großbritan­nien generell eine „Kultur der Vergewalti­gung“gebe. Sexuelle Gewalt bleibe in der Regel straffrei.

 ??  ?? Ebenfalls von den Vorwürfen betroffen: die Londoner Privatschu­le Highgate
Schüler sollen am Eton College vor allem Tradition und erstklassi­ge Bildung mitbekomme­n.
Ebenfalls von den Vorwürfen betroffen: die Londoner Privatschu­le Highgate Schüler sollen am Eton College vor allem Tradition und erstklassi­ge Bildung mitbekomme­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany