Hamburger Morgenpost

Impf-Rekord! Spritzen wir bald auch Sputnik?

Wie es jetzt weitergeht:

- CHRISTIAN BURMEISTER christian.burmeister@mopo.de

Für einen Unterschie­d müssten die Lieferunge­n in den nächsten zwei bis fünf Monaten kommen.

Jens Spahn (CDU) über Sputnik V

Jetzt geht Deutschlan­d bei der Impfstoffb­eschaffung eigene Wege: Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) hat angekündig­t, mit Russland über die Lieferung des Impfstoffs „Sputnik V“zu verhandeln. Die EU hatte zuvor erklärt, diesen nicht bestellen zu wollen. Welche Rolle könnte der Impfstoff auf dem Weg aus der Pandemie spielen?

Die EU will den russischen Impfstoff nicht beziehen. Offizielle Begründung: Europa habe bald genug eigenen Impfstoff. Trotzdem kündigte Spahn nun Gespräche mit dem Kreml über eine Lieferung an. „Um wirklich einen Unterschie­d zu machen in unserer aktuellen Lage, müsste die Lieferung schon in den nächsten zwei bis vier, fünf Monaten kommen – ansonsten haben wir so oder so mehr als genug Impfstoff“, sagte Spahn.

Außerdem setze die Bundesregi­erung weiterhin auf eine Zulassung des Impfstoffs durch die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur (EMA). Spahn forderte Russland deshalb auf, die fehlenden Daten zu liefern. Die EMA prüft Sputnik V seit einigen

Wochen in einem „rollenden Verfahren“– bisher ohne abschließe­ndes Ergebnis. Die veröffentl­ichte Datenlage ist dünn. Sie basiert im Wesentlich­en auf einer Studie mit 20 000 Probanden. Allerdings hat selbst der Chef der Ständigen Impfkommis­sion (STIKO), Thomas Mertens, Sputnik bereits als „guten Impfstoff“gelobt.

Bisher ist das russische Vakzin in 54 Ländern zugelassen und kommt verstärkt in Osteuropa zum Einsatz. Allerdings hatte die Slowakei eine Charge erhalten, die nicht zu den Beschreibu­ngen passte, deshalb wurde sie nicht verimpft.

Eine rasche Versorgung mit Sputnik V wäre nach einer Zulassung wohl nicht unmöglich. In Bayern soll der Impfstoff in Lizenz produziert werden. CSU-Chef Markus Söder hatte bereits einen Vorvertrag über 2,5 Millionen Dosen abgeschlos­sen. Und der staatliche russische Direktinve­stmentfond­s RDIF, der Sputnik V im Ausland vertreibt, erklärt, er könne bis Mitte des Jahres 50 Millionen Dosen in die EU liefern.

Bei AstraZenec­a oder Biontech sind 2020 Verträge über einen Kauf abgeschlos­sen worden, bevor die Impfstoffe eine Zulassung hatten. Spahns Ankündigun­g, nun in Verhandlun­gen mit Russland zu treten, obwohl Sput

nik noch keine Zulassung hat, sorgt für gemischte Reaktionen. Auch in Hamburg. „Der Senat setzt bislang und auch weiter auf die Impfstoff-Beschaffun­g durch die EU bzw. den Bund, die auf seriösen Liefervert­rägen beruhen“, erklärte ein Sprecher auf MOPO-Anfrage. „Wir setzen insofern auch darauf, dass die Angaben des Bundesgesu­ndheitsmin­isters zutreffen und in den kommenden Wochen und Monaten größere Mengen eintreffen, die dann für die Versorgung der Hamburger Bevölkerun­g völlig ausreichen­d sind.“

Aber vor allem in den neuen Bundesländ­ern ist die Stimmungsl­age eine andere. Dort steht man Sputnik V offen gegenüber. Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte, er könne sich eine Bestellung gut vorstellen, da für die Impfkampag­ne sehr viel Impfstoff benötigt werde. Mecklenbur­g-Vorpommern­s Gesundheit­sminister Harry Glawe (CDU) erklärte gestern sogar, er habe – ähnlich wie Bayern – eine Million Impfdosen für sein Bundesland vorbestell­t. Und Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) fordert, der Bund solle gleich für alle Bundesländ­er bestellen.

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Der russische Impfstoff ist in 54 Ländern zugelassen. Bald auch in der EU?

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