„Gemeinsam Kultur erleben fehlt mir sehr“
Senator Carsten Brosda über Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten und seine Mitarbeit beim Podcast „Kirschbier & Tomatensalat“
Er ist der oberste Ansprechpartner für Kulturschaffende und setzt sich unermüdlich für ihre Belange ein: Carsten Brosda (46) ist Kultursenator in Hamburg und mischt nun auch im Kulturpodcast „Kirschbier & Tomatensalat“von Autorin Simone Buchholz und Musiker Ole Specht mit. Im MOPOInterview spricht er über Kultur als Staatsziel, Schallplatten am Abend und ein Bier im vollen Club. MOPO: Sie wollen Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz aufnehmen. Was erhoffen Sie sich davon? Carsten Brosda:
Im letzten Jahr wurde die Kultur zunächst mit Spielbanken, Bordellen und Freizeiteinrichtungen in einen Topf geworfen. Das gab zu Recht einen riesigen Aufschrei. Wir haben zum Glück jetzt sichergestellt, dass es eine besondere Begründung braucht, wenn man aus Gründen des Infektionsschutzes Kultureinrichtungen schließt. Es wäre ein wichtiges politisches Signal, wenn wir uns mit einer Grundgesetzänderung sichtbar zum Wert der Kultur bekennen würden. Praktisch würden wir all denen ein weiteres gewichtiges Argument an die Hand geben, die in den kommenden Jahren Kürzungen bei der Kultur auf kommunaler Ebene verhindern wollen.
Wie schwierig ist es für Sie, den Unmut der Kulturschaffenden zu spüren und gleichzeitig Teil des Senats zu sein, der mit einem Lockdown die Corona-Fallzahlen drücken will?
Das Sinnvolle zu tun, erfordert in der Politik oft schwierige Abwägungen. Natürlich will ein Kultursenator offene Kinos, Museen, Theater oder Musikclubs sehen. Aber damit das wieder möglich ist, müssen wir jetzt konsequent sein im Kampf gegen die Pandemie. Das stößt bei vielen Künstlerinnen und Künstlern, mit denen ich spreche, auf Verständnis. Gefragt wird eher, ob es nicht in anderen Bereichen noch konsequenter ginge, damit wir die Zahlen schneller wieder runterbekommen.
Welche Konzepte können Sie sich für baldige Öffnungen der Museen, Theater und Konzerthallen vorstellen?
Wir arbeiten derzeit an Modellprojekten, die zeigen sollen, wie Öffnungen mit umfangreichen Testungen und den eingeübten Hygieneregeln funktionieren können. So wollen wir schnell am Start sein, wenn die Infektionszahlen und der Fortschritt beim Impfen breitere Öffnungsschritte ermöglichen. Wann das der Fall sein wird, kann derzeit leider niemand sagen. Ich ermuntere aber jeden, weiter zu planen, damit wir alle zügig loslegen können, wenn es möglich ist.
Wie coronamüde sind Sie nach einem Jahr Pandemie?
Sehr! Aber nicht weniger willens, diese Pandemie gut zu überstehen und unsere großartige Kunst- und Kulturszene gut durch diese Zeit zu bringen.
Was fehlt Ihnen am meisten?
Der direkte Austausch mit Menschen. Gemeinsam in einem Raum zu sitzen und Kultur zu erleben und sich danach über das Erlebte auszutauschen. Das fehlt mir sehr.
Wenn es wieder erlaubt ist, möchte ich in einem vollen Club glücklich die Musik genießen. Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz aufzunehmen, wäre ein wichtiges politisches Signal.
Wie „füttern“Sie sich kulturell zurzeit?
Ich lese mehr, höre meine Platten nun auch schon früher am Abend und gucke mir auch mal das eine oder andere Online-Angebot der Hamburger Kultureinrichtungen an – auch wenn mich das nur noch sehnsüchtiger auf den Moment warten lässt, wenn das wieder live zu erleben ist.
Wenn irgendwann wieder Kulturveranstaltungen erlaubt sind – was ist das Erste, was Sie tun?
Am liebsten möchte ich mich mit einem Bier in einem vollen Club still und heimlich in die Ecke stellen und auf das freuen, was jetzt alles wieder möglich ist, und glücklich die Musik genießen.
Nun machen Sie auch beim KulturPodcast „Kirschbier & Tomatensalat“mit, sprechen dort in jeder Folge kurz mit Autorin Simone Buchholz und Tonbandgerät-Frontmann Ole Specht. Wie ist die Zusammenarbeit?
Meinen eigenen Podcast „Mit Wenn und Aber“mache ich seit letztem Herbst. Jetzt gehe ich ein bisschen fremd. Ich schätze die beiden sehr und habe mich gefreut, als ich gehört habe, dass beide nun die abgründigsten Ecken von Kunst, Kultur und unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens beleuchten wollen. Das kann nur gut werden! Als ich gefragt wurde, ob ich beiden jeweils eine Frage mit auf den Weg geben würde, zu der ich gerne ihre Meinung hören würde, habe ich sofort zugesagt.
Zu guter Letzt: Was ist Kultur für Sie?
Podcast „Kirschbier & Tomatensalat“, alle 14 Tage, nächste Folge am 9.4.