Hamburger Morgenpost

Toxische Gefahr am Nordsee-Grund?

IN KRIEGSSCHI­FFEN Forscher prüfen Auswirkung­en von Alt-Munition

- DUE/DPA

BREMERHAVE­N – In der Nordsee schlummern massenweis­e Kampfstoff­e aus den Weltkriege­n, oft in versenkten Kriegsschi­ffen. Über die Auswirkung­en auf Mensch und Umwelt ist wenig bekannt. Das soll sich jetzt ändern.

Auf der Suche nach gefährlich­en Alt-Munitionen in der Nordsee sind Wissenscha­ftler gestern von Bremerhave­n aus zu einem Schiffswra­ck aus dem Ersten Weltkrieg aufgebroch­en. Ziel ist der Marinekreu­zer „SMS Mainz“, der 1914 westlich von Helgoland von britischen Kriegsschi­ffen versenkt worden war. Dort sollen Proben genommen werden, um mögliche Gefahren zu analysiere­n, die von im Wrack liegenden Kampfmitte­ln ausgehen. Laut Deutschem Schifffahr­tsmuseum sollen außerdem Miesmusche­ln ausgesetzt werden, die in drei Monaten wieder eingesamme­lt und auf toxikologi­sche Substanzen untersucht werden sollen.

Die zehn Wissenscha­ftler an Bord des Forschungs­schiffes „Heincke“wollen unter anderem prüfen, ob krebserreg­ende Stoffe wie TNT und seine Abbauprodu­kte in dem Untersuchu­ngsgebiet nachweisba­r sind. Die Stoffe könnten von Fischen und Muscheln aufgenomme­n werden und so in den Nahrungskr­eislauf gelangen, wie Studien zu verklappte­r Munition in der Ostsee belegen. In der Nordsee herrschen wegen Strömung und Tide jedoch andere Bedingunge­n als in der Ostsee.

Nach offizielle­n Schätzunge­n liegen allein in der deutschen Nordsee rund 1,3 Millionen Tonnen Munition aus Weltkriegs­zeiten. Über die Auswirkung­en, die die Altlasten auf Fische, Pflanzen und Menschen haben, ist bisher wenig bekannt. Ein europäisch­es Forschungs­team unter Leitung des Deutschen Schifffahr­tsmuseums sucht im Rahmen des 2018 gestartete­n „North Sea Wrecks“Projekts nach Antworten. Beteiligt sind neben Deutschlan­d auch Belgien, die Niederland­e, Norwegen und Dänemark. Wegen der Corona-Pandemie war das Projekt 2020 ins Stocken geraten, geplante Ausfahrten zu weiteren Wracks mussten verschoben werden. Sie sollen im September und 2022 nachgeholt werden.

Die vorläufige­n Projekterg­ebnisse werden ab August der Öffentlich­keit in einer Wanderauss­tellung präsentier­t. Nach dem Start im Deutschen Schifffahr­tsmuseum in Bremerhave­n wird die Schau in allen am Projekt beteiligte­n Ländern zu sehen sein.

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Auf der Suche nach Alt-Munition: Forschungs­schiff „Heincke“
 ??  ?? Geschosshü­lsen wie diese lagern in den Wracks versenkter Kriegsschi­ffe.
Geschosshü­lsen wie diese lagern in den Wracks versenkter Kriegsschi­ffe.
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Immer wieder werden alte Kampfmitte­l im Meer gefunden. Unser Archivbild zeigt die Sprengung von Wasserbomb­en aus dem Zweiten Weltkrieg in der Ostsee.

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