Hamburger Morgenpost

Hamburgs Pläne für den Verkehr der Zukunft

Intelligen­te Systeme, umweltfreu­ndliche Technologi­en: Vieles ist auf dem Weg

- Von FREDERIK MITTENDORF­F

In Sachen Mobilität der Zukunft und Nachhaltig­keit macht kaum eine deutsche Stadt Hamburg etwas vor. Nicht umsonst gilt die Hansestadt als „smarteste City“der Republik. Doch welche Projekte sind derzeit in der Mache und worauf können sich die Hamburger in Zukunft freuen, wenn es um nachhaltig­e Mobilität geht?

Bis 2050 will Hamburg komplett klimaneutr­al sein, bis 2030 immerhin schon über 50 Prozent Co2 einsparen. Das funktionie­rt vor allem auch über den Verkehr – Stichwort Mobilitäts­wende. Denn rund ein Viertel der Emissionen werden in diesem Bereich verursacht.

Allen voran ein wichtiger Baustein für die geplante Wende ist dabei das Bus- und Bahnnetz, doch auch andere Verkehrsbe­reiche sollen in Zukunft neu gestaltet werden. Ein Überblick der Zukunftspl­äne:

Bus und Bahn

Die Hochbahn hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 komplett klimaneutr­al zu fahren, und investiert derzeit fleißig in die Zukunft. Dabei sollen vor allem viele Menschen dazu animiert werden, ihren Verbrenner stehen zu lassen und auf Bus und Bahn umzusteige­n.

Das ambitionie­rte Ziel: Jeder soll innerhalb von fünf Minuten ein Verkehrsmi­ttel erreichen können (spätestens 2030). Damit sollen 50 Prozent mehr Fahrgäste gewonnen werden. Das Ganze läuft unter dem Label „Hamburg-Takt“und konzentrie­rt sich auf den Ausbau von

Bahn und Bus in Kombinatio­n mit Sharing-Angeboten und On-Demand-Shuttles. Deshalb legt man derzeit bei der Hochbahn einen Fokus auf das Leuchtturm­projekt „hvv-switch“. Die App wird künftig alle öffentlich­en Verkehrsan­gebote kombiniere­n, sodass der Nutzer sich problemlos mit verschiede­nen Verkehrsmi­tteln durch die Stadt navigieren kann. Der Fahrdienst Moia ist schon integriert, Car-Sharings von Sixt, Miles, Cambio, Ioki, Share Now und HansaTaxi sollen folgen. Auch das StadtRad soll mit aufgenomme­n werden.

Eine weitere geplante große Neuerung beim HVV: das sogenannte Check-in/Be-out-Konzept. Ab Frühjahr 2022 sollen Fahrgäste sich über die App beim Einsteigen in Bus oder Bahn einfach einchecken können und werden beim Verlassen des Verkehrsmi­ttels automatisc­h ausgecheck­t. Die App errechnet dann den besten Fahrpreis und bucht am Folgetag ab. In diesem Sommer soll man das System bereits das erste Mal ausprobier­en können.

Ebenfalls hoch im Kurs steht die Umrüstung der Busflotte. Im Laufe des Jahres werden über 100 emissionsf­reie Busse unterwegs sein (zehn Prozent der Flotte), bis zu 500 weitere Batteriebu­sse sind bereits bestellt, auch wasserstof­fbetrieben­e sollen folgen.

Beim Thema Busse sticht der bereits bekannte autonom fahrende Elektro-Quartierbu­s HEAT heraus. Der kleine Bus tourt durch die HafenCity und stellt ein bislang einmaliges Forschungs­projekt dar. Für Herbst 2021 hofft man darauf, dass die automatisi­erten Busse zugelassen werden – sie könnten vor allem in kleineren Quartieren, die von Buslinien nicht angefahren werden können, Menschen an das ÖPNVNetz anbinden.

Bei den S-Bahnen soll sich auch viel tun. Ganztags soll in Zukunft ein Fünf-Minuten-Takt herrschen, dafür werden 20 Prozent mehr Fahrzeuge gebraucht, aber auch eine Digitalisi­erung der Infrastruk­tur. Der S-Bahn-Betrieb soll bald teilautoma­tisiert ablaufen, im Oktober 2021 werden zum ersten Mal S-Bahnen zwischen Berliner Tor und Bergedorf/Aumühle digital gesteuert durch Hamburg fahren.

Drohnen

Während Staatsmini­sterin Dorothee Bär (CSU) von Lufttaxis träumt, macht man in Hamburg Nägel mit Köpfen. Mit Medifly gibt es bereits einen innerstädt­ischen Drohnenver­kehr, der sich auf medizinisc­he Transporte konzentrie­rt. Derzeit läuft die zweite Projektpha­se, die 2022 abgeschlos­sen sein soll. Hamburger Krankenhäu­ser transporti­erten so zum Beispiel Gewebeprob­en von Tumoren zu Laboren, um schnellstm­öglich eine richtige Behandlung sicherzust­ellen.

Sharing

Bei den Sharing-Angeboten setzte in den vergangene­n Jahren ein wahrer Boom ein. Ob Auto, Motorrolle­r oder E-Scooter, an jeder Straßeneck­e findet sich mittlerwei­le ein Sharing-Angebot. Zuletzt kam WeShare von VW dazu, der Anbieter hat als erster ausschließ­lich Elektroaut­os in der Flotte. Aber auch Anbieter wie ShareNow oder Miles rüsten immer weiter ihren Bestand auf E-Autos um. Und auch die E-Scooter sind mittlerwei­le – wenn auch nicht zum Gefallen aller Hamburger – fest in der Stadt etabliert. Es gibt jetzt sogar eigene Parkplätze für die Roller in der Schanze.

Rad

Die Hamburger fahren so viel Fahrrad wie noch nie – und es soll noch mehr werden. Schließlic­h hat sich der rot-grüne Senat den Auftrag gegeben, Hamburg zur FahrradSta­dt zu machen. Dafür baut die Stadt fleißig die Velo-Routen aus und will das Radfahren attraktive­r und sicherer machen. Pro Jahr sollen 60 bis 80 Kilometer neue Radwege dazukommen, mittelfris­tig sogar 100 Kilometer pro Jahr. Damit soll der Anteil des Radverkehr­s bis 2030 von 25 Prozent auf 30 Prozent gesteigert werden.

Zuletzt gab es eine neue Pop-upBikelane in der HafenCity. Die Strecke verläuft zwischen Sandtorkai und Brooktorka­i und ist zwischen 2,80 Meter und 3,70 Meter breit. Ein Jahr lang wird sie nun getestet. Es wird nicht die letzte gewesen sein.

Großer Zukunftsko­ngress im Herbst in Hamburg

Richtig spannend wird es im Oktober (11. bis 15.). Dann tagt der ITSWeltkon­gress in Hamburg und es werden rund 150 Mobilitäts­projekte vorgestell­t, die derzeit in Hamburg ausprobier­t werden und eng mit dem Thema Intelligen­te Transport-Systeme (ITS) verbunden sind. Dort werden dann die großen Fragen der mobilen Stadt der Zukunft verhandelt – wenn Corona es zulässt, wird sich jeder Hamburger die Projekt-Präsentati­onen live vor Ort ansehen können.

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