Der HSV sitzt in der Zitter-Falle
Gefahr, dass wieder alles verspielt wird, wächst
Spätestens seit dem 1:2 gegen Darmstadt regiert bei den HSV-Fans die Angst vor dem erneuten Aufstiegs-GAU. Die Parallelen zu den beiden Vorjahren, als die greifbar nahe Bundesliga-Rückkehr auf der Zielgeraden verspielt wurde, liegen auf der Hand. Schafft es der HSV diesmal, die bösen Geister zu vertreiben? Oder beginnt der Horror von Neuem?
Vielleicht war dies schon der letzte Stolperer, den sie sich erlauben durften. Nach der Pleite gegen Darmstadt bleiben dem HSV noch sechs Partien, um den Aufstieg klar zu machen. Die kürzlich noch gute Ausgangsposition hat sich trotz Rang zwei in eine trügerische entwickelt
– denn gewinnt die Konkurrenz aus Fürth und Kiel ihre Nachholspiele, würde sie Daniel Thiounes Team auf Rang vier verdrängen.
Da ist sie wieder, die Erinnerung an die beiden Vorjahre. Zweimal wollte der HSV schon hoch, beide Male brach er zum Ende hin ein und wurde jeweils Vierter. Droht nun das gleiche Schicksal?
Der HSV sitzt in der Zitter-Falle. Doch im Volkspark sind sie versucht, die Dinge nüchtern zu betrachten. „Wir haben jetzt einen gefangen und gehen jetzt vielleicht noch mal in die Knie“, sagt Sportdirektor Michael Mutzel. „Aber entscheidend ist, dass wir wieder aufstehen. Und wir stehen wieder auf, das ist die Message an alle. Und das wollen wir jetzt in den nächsten Tagen leben.“Aber ist das wirklich so leicht? Zwei
Krisen meisterte der HSV in dieser Saison schon. Im November/Dezember, als er fünfmal in Folge sieglos blieb. Und zuletzt, nach den schlimmen Pleiten in Würzburg (2:3) und bei St. Pauli (0:1). Nur kurz darauf stecken die Profis nun erneut in der Bredouille, weil sie binnen fünf Tagen in Hannover (3:3 nach 3:0-Führung) und gegen Darmstadt fünf Zähler unnötig liegen ließen.
Die Kernfrage: Warum passiert das dem HSV immer wieder? Dass Thiounes Team bei Ausschöpfung ihres Potenzials den ligaweit bes
ten Fußball spielt, ist innerhalb der Klasse unbestritten. Doch den Profis fällt es erkennbar schwer, ihr Level über mehrere Wochen zu halten. Mal vergibt die Offensive (trotz schon 57 erzielter Treffer) zu viele Gelegenheiten, dann wiederum fehlt die Cleverness im Defensivverbund. Gegen Darmstadt war beides der Fall. Zudem scheint sich die Mannschaft nach erfolgreichen Phasen (auch innerhalb einzelner Spiele) so sehr an sich zu berauschen, dass sich eine Form von Hochmut einschleicht.
Nun ist die Situation ähnlich gefährlich wie in den Vorjahren. „Das ist vor allem ein mediales Thema“, sagt Mutzel. „Aber wir sind mental stark und versuchen alles, nicht in dieses Fahrwasser reinzukommen.“Nur zwei Siege aus den vergangenen neun Partien sprechen eine andere Sprache – auch wenn die Leistungen nur selten wirklich schlecht sind.
Noch ist die Chance auf das Happy End da. Auswärts in Regensburg, Sandhausen und Osnabrück. Daheim gegen Karlsruhe, Nürnberg und Braunschweig. Alles lösbare Aufgaben. „Es liegt alles an uns“, sagt Mutzel, der erneut den Vergleich zum Boxen zieht: „Wir sind der Meinung, dass wir Nehmerqualitäten haben und sind immer wieder aufgestanden. Jetzt geht es an die letzten Runden, da müssen wir oben sein und zurückschlagen.“
So sieht’s aus. Ansonsten wird sich der albtraumhafte Kampf des HSV, der Zweiten Liga zu entkommen, in die nächste Saison ziehen.
AUSTAUSCH: In Minute 89 des Darmstadt-Spiels kam Khaled Narey für Tim Leibold auf den Platz. Die Kapitänsbinde hätten eigentlich David Kinsombi oder Aaron Hunt übernehmen müssen. Da Narey beide nicht direkt finden konnte, übernahm er für den Rest des Spiels selbst den Job als HSV-Kapitän.
AUFSTIEG: Von der U19 aus Hoffenheim wechselte Amadou Onana im vergangenen Sommer zum HSV. Nun will er unbedingt mit den Hamburgern in die Bundesliga aufsteigen. Bei Sky sagte der Belgier: „Es gibt keinen anderen Gedanken in meinem Kopf. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es schaffen werden.“AUSBLICK: Nach dem freien Sonntag dürfen sich die HSV-Profis auch heute entspannen. Erst am Dienstag wird wieder trainiert.