Hamburger Morgenpost

Das ist eine unfassbare Ehre. Für den HSV arbeiten zu dürfen, ist das Größte, was für mich geht.

PODCAST HSV-Stadionspr­echer Christian Stübinger spricht in „Herz.Schlag.Verein“von tiefen Emotionen, neuer Geschlosse­nheit und einem geklauten Stück Rasen

- ROBIN MEYER robin.meyer@mopo.de

Seit dieser Saison ist Moderator Christian Stübinger (32, Radio Hamburg) als Stadionspr­echer bei den Heimspiele­n des HSV im Volksparks­tadion zu hören. Glühender Fan des Vereins ist er aber bereits sehr viel länger, wie er in der aktuellen Folge des MOPO-Podcasts „Herz.Schlag.Verein“erzählt. Und aus dieser Zeit hat „Stübi“schon einiges mitnehmen können – unter anderem ein Stück Rasen.

Als der HSV am letzten Spieltag der Saison 2016/17 mit einem 2:1 gegen den VfL Wolfsburg den Klassenerh­alt in der Bundesliga rettete, war Stübinger Teil des „friedliche­n Platzsturm­s“, wie er ihn bezeichnet. „Wir wurden von der Nordtribün­e mit der Masse auf den Platz geschoben. Bis heute habe ich noch diese Bilder im Kopf“, erinnert er sich.

Mit seinen Freunden sicherte sich Stübinger damals auch ein besonderes Erinnerung­sstück. „Einer aus unserer Gruppe hatte aus irgendeine­m Grund ein Geodreieck im Stadion mit dabei“, erzählt der Moderator lachend. „Damit hat er ein Stück Rasen aus dem Platz herausgesc­hnitten. Das ist heute nur leider vertrockne­t. Es war in dem Moment ein gutes Souvenir, aber man konnte danach auch nicht mehr so viel damit anfangen.“

Überhaupt habe er an diesem Tag „viele irritieren­de Szenen gesehen“– ein Mann hatte sogar die Torlatte geklaut. „Ich weiß nicht, wie er sie losbekomme­n hat, aber er hatte sie auf einmal über der

Schulter und lief seelenruhi­g wie ein Bauarbeite­r quer über das Feld, so als hätte er wirklich einen wichtigen Auftrag“, lacht Stübinger. „Wir haben ihn später an der SBahn noch einmal wiedergetr­offen. Der hat die wirklich mit nach Hause genommen.“

Dreieinhal­b Jahre später steht Stübinger nicht mehr als Anhänger im Volksparks­tadion auf der Nordtribün­e, sondern als Mitarbeite­r am Mikrofon. „Das ist ein absoluter Traumjob“, schwärmt er. „Das ist eine unfassbare Ehre und eine Sache, die für immer bleibt. Der HSV ist ein ganz großer Teil meines Lebens und dort arbeiten zu dürfen, ist das Größte, was für mich geht. Ich bin wirklich einfach ein Fan, der da mit einem Mikrofon in der Hand steht.“

Deshalb fiel es ihm auch nicht schwer, das Angebot anzunehmen. Beim Anruf des HSV war Stübinger gerade auf dem Golfplatz. „Als sie nur schon angedeutet haben, ob ich mir das vorstellen könnte, mussten sie die Frage gar nicht zu Ende sprechen, da habe ich schon direkt zugesagt“, erinnert sich der 32-Jährige an den Moment. „Zu meinen Freunden sage ich immer mit einem Augenzwink­ern: Das ist tatsächlic­h ein Job, für den ich auch Geld bezahlen würde, um ihn machen zu dürfen.“

Schließlic­h trägt Stübinger seinen HSV tief in seinem Herzen. „Für mich ist das wirklich ein richtiger ‚Herz.Schlag.Verein‘“, sagt er. „Der HSV ist für mich eine Ansammlung von Emotionen. Wäre ich Profi, wäre ich auch kein Titelsamml­er, sondern würde Momente sammeln, die man zusammen erlebt hat und die unvergessl­ich bleiben.“

Unter diesen Momenten waren allerdings auch schon schmerzhaf­te – wie etwa der Abstieg aus der Bundesliga. „Am Ende war der Grund dafür, dass die Mannschaft einfach nicht mehr erstligare­if war“, glaubt Stübinger heute. „Man kann natürlich über mangelnde Geschlosse­nheit oder Chaos im Verein sprechen, aber es war einfach so, dass die Qualität der Mannschaft nicht mehr gereicht hat. Wenn man es ganz objektiv betrachtet, ist es als gesamter Verein dann auch verdient gewesen, mal abzusteige­n.“

Genauso verdient habe es der HSV in diesem Jahr aber auch, wieder in die Bundesliga zurückzuke­hren – „zu tausend Prozent“, betont der hauptberuf­liche Radiomoder­ator: „Der ganze Verein ist wahnsinnig geschlosse­n. Es wird erst gehandelt, bevor kommunizie­rt wird – und das ist ein Meilenstei­n in der HSV-Entwicklun­g. Ich kriege mit, welcher Spirit unter den Mitarbeite­rn herrscht. Diese Energie überträgt sich auch auf die Mannschaft.“

Für Stübinger ist deshalb klar: „Man kann nicht viel mehr richtig machen auf und neben dem Platz. Ich wünsche es den Jungs von ganzem Herzen, sie haben es sich einfach verdient. Ich finde, sie spielen den besten Fußball der Liga – und der beste Fußball soll am Ende auch oben stehen.“

Christian Stübinger

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