Hahnenkampf der beiden MöchtegernNachfolger
ANALYSE Die Kanzlerin versucht, die Pandemie einzudämmen – Söder und Laschet gockeln
BERLIN – Was wäre wohl, wenn Armin Laschet (CDU) unser Pandemie-Kanzler wäre? Oder Markus Söder (CSU)? Man kann nur spekulieren. Fakt ist: Während die aktuelle Amtsinhaberin – nach krassen Fehlern der Regierung – nun versucht, das Problem in den Griff zu kriegen (s. rechts), verheddern die beiden Möchtegern-Nachfolger sich in einem unnötigen Hahnenkampf.
Man mag von der Kanzler inschaft Angela Merkels halten, was man mag. Auch sie hat, nicht erst seit Corona, Fehler gemacht. Und: Auch sie ist ein ziemlicher Machtmensch. Aber worauf man sich bei ihr nicht erst seit der Pandemie verlassen kann: Wenn es darauf ankommt, dann hat sie keine persönlichen Eitelkeiten im Blick, dann will sie das ihrer Ansicht nach Beste fürs Land. Aber was treibt die beiden Anwärter auf die Kanzlerkandidatur um, dass sie Land und Partei derart vergessen? Warum gockeln sie die Union weiter ins Umfragetief ?
Die Ausgangslage, was Vorlieben des Wahlvolks angeht, ist klar: Erstens mag das öffentlich ausgetragenen internen Streit gar nicht, das zeigen Beispiele aus der Vergangenheit. Zweitens würden die eher Söder wählen als Laschet.
In der eigenen Fraktion wird’s komplexer. Die Präsidien beider Schwesterparteien sprachen sich für den eigenen Kandidaten aus. In den Landesgruppen zeichnet sich wohl ein klares Vopro tum Söder ab. Nur Laschets NRW-CDU hält noch zu ihrem Landesfürsten.
In der Bundestagsfraktion gab es gestern Kritik: Die Präsidien hätten sich früher einigen müssen. Am Nachmittag sprachen dann Laschet und Söder bei den Abgeordneten vor. Der CDUChef hatte am Montag noch gesagt, er werde das virtuell tun. Als aber klar wurde, dass Söder live da ist, sagte er doch zu. Laschet warf Söder vor der Fraktion indirekt eine „One-Man-Show“vor. Der konterte, die Union brauche „die maximal beste Aufstellung – nicht nur die angenehmste“.
Dass sich schon im Vorfeld eine ganze Reihe CDUAbgeordneter für den CSUChef aussprachen, hat vermutlich auch mit Machterhalt zu tun: Bei Laschets miesen Umfragewerten dürften viele Abgeordnete im Herbst ihr Mandat verlieren, sollte er antreten.
Warum zieht Laschet also nicht einfach zurück? Ganz schlicht, weil er nicht kann. Er wäre erstens nachhaltig beschädigt. Zweitens entspräche es nicht seinem politischen Instinkt: Er will aus Niederlagen immer noch einen Sieg basteln. Laschet ist keiner für ein Wolfratshausener Frühstück. Bei dem Merkel 2002 Edmund Stoiber (CSU) die Kanzlerkandidatur überließ. Laschet sieht sich als einen mit Steherqualitäten.
Und Söder? Woher
kommt eigentlich sein mehrfacher Sinneswandel? Erst hatte er über Monate betont, sein Platz sei in Bayern. Dann stichelte er zusehends gegen Laschet. Dann hieß es: Ja, wenn die CDU mich will, dann mache ich’s. Als das Präsidium der Schwesterpartei klarstellte: Wir wollen Laschet, dann hieß es plötzlich: Wenn die CDU ihn „in der Breite“wolle, würde er’s machen.
Manche vermuten, dass Söder mit seinem Gebaren im Grunde nur seine Position in Bayern stärken will. WohlwisUnion send, dass die ab Herbst ohnehin nicht den Kanzler stellen würde? Um dann in vier Jahren mit dieser Erzählung echte Chancen aufs Kanzleramt zu haLaschet ben: Mit hat’s nicht funktioniert, hättet ihr mal mich genommen!
Aber dafür das Wohl und Wehe der ganzen Fraktion riskieren? Vielleicht sieht er auch einfach wirkChancen lich gute für sich. Oder wie sein Biograf Roman Deininger es jüngst in der „SZ“formulierte: „Wahrscheinlich verhält es sich mit Söder und der Macht wie mit dem Hund und der Wurst: Sobald die Wurst in Reichweite liegt, ist es keine freie Entscheidung mehr für den Hund.“