Die große Empörung der CommerzbankKunden
Betroffene berichten:
Ehemalige Kollegen sind ebenfalls entsetzt über das, was in der Bank insgesamt zurzeit läuft. Marc Korting
Der Beitrag über seltsame Kontokündigungen durch die Commerzbank bzw. ihre Tochter Comdirect hat ziemlich hohe Wellen geschlagen. Spätestens jetzt ist klar: Die Hamburger Rechtsanwältin Canan Yüksel ist bei Weitem kein Einzelfall. Ihr hat die Comdirect ohne erkennbaren Anlass das Konto gekündigt. Warum? Eine Begründung wurde ihr verweigert. Seit der Artikel vergangene Woche erschien, erhalten wir E-Mails anderer Betroffener aus der ganzen Bundesrepublik. Und auch Insider meldeten sich, die glauben, die Hintergründe zu kennen. Lesen Sie selbst:
Ich bin selbst auch davon betroffen. Ich habe iranische Wurzeln, aber auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Auch mir wurden die Konten meiner beiden Firmen ohne Begründung zum Mai 2021 gekündigt. Ich habe noch mal die CommerzbankZentrale angerufen und gefragt, was los ist und warum sie meinen Firmen so plötzlich gekündigt haben, und sie sagten, nach dem Vertrag müssen sie mir das nicht erklären und sie können mein Konto kündigen, ohne das zu begründen.
Ich glaube, dass die Bank die technologische Kontrolle über ihre ITSystemlandschaft verloren hat. Im Fall, den Sie in Ihrem Artikel beschreiben, liegen vermutlich Meldungen aus den GeldwäscheChecks zugrunde. Die beschriebenen Muster legen diesen Schluss nahe. Diese Anti Money Laundering-Checks werden durch komplexe Algorithmen durchgeführt. In der Regel beziehen Banken sie als Software-as-a-Service von externen Dienstleistern. Dadurch müssen sie kein eigenes Wissen zur Beherrschung dieser komplexen Technologie aufbauen und sie können das juristische Risiko von unerkannten Problem-Transaktionen auslagern. Auf der anderen Seite gibt es im
Hause dann niemanden mehr, der die Plausibilität von gemeldeten Treffern prüfen kann – und sich dann noch traut, sie zu überstimmen. Dass in der G20-Welt in den vergangenen zehn Jahren fast jeder Gesetzgeber und Regulator eine Atmosphäre der Angst und der überzogenen Bestrafungen aufgebaut hat, tut dann sein Übriges. Es hat sich in der Branche eine Normalität der kollektiven Kontrollübergabe an Drittparteien herausgebildet. Auf der Business-Ebene haben die Regulatoren alle Macht an sich gezogen und wollen auch gar keine selbstständig denkenden Geldhäuser mehr. Auf der Technologieseite haben die Banken nicht mehr die Mittel, den hohen Marktpreis für die Talente zu zahlen, die sie bräuchten, um wie in den 80er, 90er und 2000er Jahren als IT-Technologietreiber in Erscheinung zu treten. Sie sind heute Getriebene der technologischen Entwicklung. In Fällen wie diesem materialisiert sich diese neue Hilflosigkeit. Hagen Altmann
Ich kann zum Thema Kontokündigungen noch einen Beitrag zusteuern: In meinem unmittelbaren familiären Umfeld sind drei Personen von Kontokündigungen betroffen.
Allesamt unbescholtene Kontoinhaber mit sauberer Schufa und teilweise erheblich hohen sechsstelligen Depotwerten.
1. Meine Mutter: Kontokündigung aus heiterem Himmel, seit über 60 Jahren dort Kundin, ehemalige Mitarbeiterin der Bank.
2. Mein Vater: Kontokündigung aus heiterem Himmel, ebenfalls seit über 60 Jahren Kunde. Vor allem ist er aber Pensionär der Bank, also ehemaliger Mitarbeiter, der auch eine Bankrente bezieht.
3. Meine Tante: Ebenfalls Kontokündigung aus heiterem Himmel. Meine Tante ist ebenfalls Pensionärin der Bank mit der Bankrente. Wie Sie herauslesen können, sind wir eine Bankerfamilie. Auch ich habe dort meine Ausbildung gemacht und auch einige Jahre dort gearbeitet. Ich weiß also, wie normalerweise der Ablauf einer Kontokündigung aussieht und welche Motivation dahintersteht. Ein Konto wird an und für sich nur durch die kontoführende Stelle gekündigt und auch nur dann, wenn es erhebliche Verfehlungen in der Kontoführung gibt. Wenn der Kunde dann etwas dagegen einzuwenden hat, spricht er direkt mit der Filiale und das Thema wird dann vor Ort wie auch immer erledigt.
Ich habe noch Kontakt zu einigen ehemaligen Kollegen, die ebenfalls entsetzt sind über das, was in der Bank insgesamt zurzeit läuft. Man hat sehr viel mit sich selbst zu tun, der Kunde stört nur. Bezüglich der Kunden mit einer gewissen Nähe zum Iran kann ich sagen, dass die Banken heute gerade Firmenkunden, die Geschäfte mit dem Iran, Saudi-Arabien, Kuwait oder Katar machen, konsequent Konten verweigern. Das hat mit der Befürchtung zu tun, irgendwelche negativen Reaktionen aus den USA zu bekommen. Dieses Vorgehen betraf allerdings die Trump-Ära. Wie es heute aussieht, weiß ich noch nicht. Marc Korting, Bochum
Premium-Kunde bei Comdirect bedeutet wohl nur, dass man als Erster rausgeschmissen wird. Wolfgang Schmidt
Meinem Vater wurde das Konto gekündigt, obwohl er Pensionär der Bank ist. Marc Korting
Bezüglich Ihres Artikels zu Kündigungen von Kunden mit Migrationsgeschichte bei der Commerzbank wollte ich Ihnen folgendes inhaltliches Feedback geben: Die Banken unterliegen strengen Vorgaben, was die Prüfung verdächtiger Konten und Transaktionen ihrer Kunden angeht. Dort sitzen Heerscharen von (oft nicht speziell ausgebildeten und kaum qualifizierten) Mitarbeitern, die von einem System als auffällig gekennzeichnete Transaktionen prüfen. Diese Prüfungen sind mit einem enormen Zeitdruck verbunden, da gemäß Geldwäschegesetz unverzüglich eine Anzeige bei der Financial Intelligence Unit erfolgen muss, sollte es einen Verdacht auf Geldwäsche geben. Die Schwelle für diesen Anfangsverdacht ist extrem schnell erreicht (nicht zu erklärende Auffälligkeiten reichen) und die Banken melden jährlich Tausende ihrer Kunden an die Behörden. Oft geht bei großen Banken mit diesen Meldungen eine Kündigung der Konten einher, weil es für die Mitarbeiter einfacher ist, auf der sicheren Seite zu bleiben als zu rechtfertigen, warum die Kundenbeziehung nicht problematisch für die Bank ist, obwohl Auffälligkeiten festgestellt wurden. Da diese Entscheidung innerhalb sehr kurzer Fristen durch teils sehr junge Mitarbeitende und in großen Volumina gefällt werden, passiert eben genau das, was den Menschen in Ihren Beispielen widerfahren ist: Man wird gekündigt, weil man einen ausländischen Namen hat (unterschwelliger Rassismus und Voreingenommenheit in einer konservativen deutschen Traditionsbank sollte keine große Überraschung sein). Petra L.
Das in Ihrem Bericht dargestellte Kündigungsverhalten der Commerzbank und ihrer Tochter Comdirect kann ich aus eigener Erfahrung voll bestätigen. Ich war lange Jahre „Premium-Kunde“bei der Comdirect, was aber wohl nur bedeuten soll, dass man als Erster rausgeschmissen wird, wenn den Herren danach ist. Mir und meiner Frau wurde ohne Begründung, nur mit Hinweis auf das Kündigungsrecht gemäß AGB, die gesamte Kontoverbindung gekündigt. Wir hatten keinerlei Unregelmäßigkeiten, aber regelmäßigen Geldeingang auf dem Konto zu verzeichnen. Wolfgang Schmidt, Oberthal
Einer guten Freundin und ihrem Mann sind das Geschäftskonto und den Kindern die Konten der Commerzbank nach Jahrzehnten aus heiterem Himmel gekündigt worden. Sie bat mich um Unterstützung. Ich habe dann bei der Commerzbank ein Riesendrama gemacht und dann wurde mir mitgeteilt, dass es eine größere Überweisung aus dem Ausland gegeben habe und sich die Bank im Rahmen von Geldwäsche darum kümmern müsse. Dies ist aber aufwendig und teuer und deswegen sei die Bank angehalten, allen Kunden, durch die hoher Aufwand entsteht, zu kündigen. Thomas Plaga, Essen
Ich bin gelernte Bankkauffrau und habe die Eröffnung der ersten Konten für meine minderjährigen Kinder mit ihnen zelebriert. Wir haben die Commerzbank für die Kinder gewählt, da auch ich dort ein Konto besaß. Im letzten Jahr wurde aus heiterem Himmel nicht nur mir, sondern auch die Konten meiner Kinder und dann auch das Konto meines Mannes gekündigt. Dieses Geschäftsgebaren ist mir völlig fremd. Meine Kinder, die vielleicht rentable Kunden für die Zukunft der Commerzbank sein könnten, gleich mit. Bettina Ehrhardt