Der grüne Triumph
Die Grünen greifen erstmals nach dem Kanzleramt – Annalena Baerbock soll für die Öko-Partei Geschichte schreiben. Wie ihre Chancen wirklich stehen und was ihre Partei derzeit so viel besser macht als die Union:
Annalena Charlotte Alma Baerbock, geboren am 15. Dezember 1980 in Hannover, verheiratet, Mutter zweier kleiner Töchter – wird sie die nächste Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland? Ihre Chancen sind seit gestern jedenfalls deutlich gestiegen. Denn die 40-Jährige geht für die Grünen als Kanzlerkandidatin ins Rennen. Baerbock ist die erste Frau bei den Grünen, die sich mit diesem inoffiziellen Titel schmücken kann.
„Wir beide wollten es, aber am Ende kann es nur eine machen“, sagte Robert Habeck, kurz bevor er seine Co-Vorsitzende bei den Grünen zur Kanzlerkandidatin ausrief. Leicht fiel dem 51-Jährigen dieser Schritt erkennbar nicht. Auch wenn Habeck schon früh gesagt hat: „Wenn sie es will, dann wird sie es auch.“
Und Baerbock will, daran hat sie auch gestern keinen Zweifel gelassen. Sie gab zu, dass „die Frage der Emanzipation natürlich eine zentrale Rolle“bei der Nominierungsfrage gespielt habe. Bei ihrem ersten Auftritt als Kandidatin beschwor sie den Klimawandel als „Aufgabe meiner Generation“. Ihr zentrales Motto sei: „Verändern, statt zu versprechen.“Gleichzeitig deutete sie – rhetorisch nicht ungeschickt – eine ihrer größten biografischen Schwächen in eine Stärke um: „Ja, ich war noch nie Kanzlerin, auch noch nie Ministerin. Ich trete an für Erneuerung. Für den Status quo stehen andere.“
Ihre fehlende Regierungserfahrung wurde vor allem von HabeckFans in der Partei immer wieder thematisiert. Der Norddeutsche war sechs Jahre Umweltminister und stellvertretender Ministerpräsident in Kiel und hat in dieser Funktion viele schwierige Kompromisse geschmiedet. Baerbock hat auf diesem Level nichts Vergleichbares vorzuweisen. Eine klassische Quereinsteigerin in die Politik ist sie aber nicht. Seit 2005 ist Baerbock bei den Grünen in Brandenburg, nur vier Jahre später stieg sie dort zur Landesvorsitzenden auf. 2013 zog sie dann erstmals in den Bundestag ein.
Nach ihrem Abitur in Hannover studierte sie Politikwissenschaften und öffentliches Recht in Hamburg. Während dieser Zeit arbeitete Baerbock auch als Journalistin für die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“, bevor sie ihr Studium an der London School of Economics abschloss. Von 2005 bis 2008 ging sie schließlich als Büroleiterin der Potsdamer EU-Abgeordneten Elisabeth Schroedter (Grüne) nach Brüssel. Heute lebt sie mit ihrem Mann Daniel Holefleisch und zwei Grundschulkindern in der Hauptstadt Brandenburgs.
Dass Baerbock sehr konsequent auf ein Ziel hinarbeiten kann, lässt sich an ihrer Biografie ablesen. Als Jugendliche gewann sie bei den Deutschen Meisterschaften der TrampolinSpringer drei Mal die Bronze-Medaille. Ein Hobby, dem sie bis heute frönt.
Politisch steht die Kanzlerkandidatin eher links, auch wenn sie keinem Parteiflügel angehört. Besonders gut vernetzt ist Baerbock in der Außenpolitik. In den letzten Jahren hatte sie sich aber akribisch in viele andere Politikfelder eingearbeitet. Nur mit den Tiefen der Finanzpolitik fremdelt sie noch, wie sie selbst zugibt.
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) zeigte sich nach der Nominierung „in Euphorie“. Olaf Scholz (SPD) schrieb auf Twitter, er freue sich auf „einen spannenden und fairen Wettstreit um das beste Konzept für die Zukunft unseres Landes“.