Hamburger Morgenpost

Darum landet Impfstoff im Müll

Zwischen SPD und CDU kracht es jetzt richtig:

- ANN-CHRISTIN BUSCH ann-christin.busch@mopo.de

Mit den ungenutzte­n Restdosen hätte ein ganzer Stadtteil einmal durchgeimp­ft werden können.

Dennis Thering (CDU)

Streit um die Extra-Dosis Impfstoff: Viele Hersteller liefern pro Fläschchen eine sogenannte Überschuss­menge mit. Bedeutet: Aus einem Biontech-Fläschchen könnten anstatt sechs auch sieben Dosen entnommen werden. Im Hamburger Impfzentru­m landet dieser Rest im Müll. Die Hamburger CDU ist deswegen sauer, der Senat will auf Nummer sicher gehen.

43.000 Dosen Impfstoff wurden nach Recherchen des NDR im Hamburger Impfzentru­m seit der Eröffnung weggeworfe­n. Etwa eine Woche zuvor hatte sich in der MOPO die Vorsitzend­e des Hausärztev­erbands Jana Husemann zur Verschwend­ung des Rest-Impfstoffs geäußert: „In der derzeitige­n Situation können wir es uns einfach nicht leisten, Impfstoff zu vernichten. Wir müssen alles nutzen, was uns zur Verfügung steht.“Nun mischt sich die Politik ein.

„43.000 ungenutzte Impf-Restdosen in Hamburgs Impfzentru­m, damit hätte ein ganzer Stadtteil wie Langenhorn quasi einmal durchgeimp­ft werden können“, sagte Hamburgs CDU-Fraktionsc­hef Dennis Thering. „Das ist nicht nur bedauerlic­h, das ist unfassbar.“

Andere Bundesländ­er würden zeigen, wie es besser geht. Tatsächlic­h darf in Schleswig-Holstein und Niedersach­sen die zusätzlich­e Dosis verimpft werden. Die „Wegwerfpra­xis“sollte laut Thering auch in Hamburg umgehend beendet werden.

Der rot-grüne Hamburger Senat wies die Forderung der CDU zurück. Der Senat halte sich an die rechtliche­n Vorgaben, sagte die stellvertr­etende Sprecherin Julia Offen. Die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur (EMA) gibt pro Behältnis eine zugelassen­e Anzahl Impfeinhei­ten vor.

„Das wird im Impfzentru­m weiterhin so bleiben“, so Offen.

Wenn ein Arzt mehr Dosen aus einem Fläschchen ziehe, liege die Verantwort­ung bei dem Arzt selbst. „Aber es ist natürlich nicht jedem gegeben, handwerkli­ch so geschickt und mit so viel Ruhe die Mengen aus den Fläschchen zu entnehmen“, so Offen. Es sei besser, sechs vernünftig­e Mengen an Impfstoff zu verimpfen, anstatt bei einer siebten Dosis vielleicht nicht genug herausbeko­mmen zu haben.

Hamburgs SPD-Fraktionsc­hef Dirk Kienscherf nannte die Forderung von Thering „unverantwo­rtlich“. Sie offenbare erneut die „erschütter­nden Defizite der CDU, wirksame Lösungen zur Pandemiebe­kämpfung beizutrage­n“. Die EMA hatte die mögliche Menge an BiontechIm­pfstoff schon von fünf auf sechs Dosen pro Fläschchen erhöht.

„Nun auch noch eine vollständi­ge siebte Dosis aus der Sicherheit­smenge zu entnehmen, ist äußerst schwierig“, so Kienscherf. Im Übrigen bräuchte man für die Durchimpfu­ng des Stadtteils Langenhorn sogar 92.000 Impfdosen, da zwei Impfdosen im Abstand von mehreren Wochen nötig seien.

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Sechs Dosen dürfen offiziell aus einem Fläschchen entnommen werden – aber es bleibt ein Rest.
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