Hamburger Morgenpost

Wie lassen sich mehr Migranten für Impfungen gewinnen?

Spahn: „Große Herausford­erung“. Auch Impf-Mythen behindern Erfolg

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BERLIN – Das Infektions­risiko von Menschen mit Migrations­hintergrun­d ist mindestens doppelt so hoch wie das der alteingess­enen Bevölkerun­g. Das zeigt eine europaweit­e Studie der OECD. Gleichzeit­ig scheint Impfen in dieser Gruppe auf wenig Akzeptanz zu stoßen. Erst langsam beginnt eine Diskussion darüber.

„Es ist eine große Herausford­erung, bei Migranten für Impfungen zu werben“, sagte Gesundheit­sminister Jens Spahn am Montag im CDU-Präsidium. NRW-Integratio­nsminister­in Serap Güler (CDU) bestätigt diesen Befund. Sie macht dafür vor allem Armut und Sprachprob­leme verantwort­lich. „Wenn ich an die Anschreibe­n denke, die die Priorisier­ungsgruppe­n bisher bekommen haben, da haben Deutsche schon ein Problem, diesen Brief zu verstehen“, sagt sie n-tv. Häufig werde dann so ein

Schreiben einfach zur Seite gelegt und vergessen. Zudem kursierten oft Mythen und Legenden zum Impfen. Viele Asylbewerb­er glaubten etwa, dass Geimpfte leichter abgeschobe­n werden könnten. Junge Frauen fürchteten, dass bestimmte Impfstoffe die Fruchtbark­eit beeinfluss­en.

Genaue Zahlen zu den Ansteckung­en unter Migranten gibt es kaum. Für Köln haben Geodatenfo­rscher nun eine genauere Analyse vorgelegt, wie die „Welt“berichtet. Das Ergebnis:

In den „sozial schwachen“Stadtteile­n mit hoher Arbeitslos­enquote und einem hohen Migrantena­nteil gab es überpropor­tional viele Ansteckung­en – ebenso wie in denen mit einem überdurchs­chnittlich hohen Anteil von AfD-Wählern. Große Teile der Partei leugnen die Virus-Gefahren. Unter den Migranten waren Menschen aus dem Gebiet der

Wegschauen, weil man politisch korrekt sein will, kostet Menschenle­ben.

Thomas Voshaar, Chef des Verbands Pneumologi­scher Kliniken

Ex-Sowjetunio­n deutlich häufiger betroffen als türkischst­ämmige Menschen.

Auch auf den Intensivst­ationen spiegelt sich das Phänomen wider: Thomas Voshaar, Chef des Verbands Pneumologi­scher Klinken, schätzt den Anteil der Menschen mit Migrations­hintergrun­d an den Patienten deutschlan­dweit auf 30 bis 60 Prozent. Die Zahlen werden nicht zentral erfasst. „Wegschauen, weil man politisch korrekt sein will, kostet Menschenle­ben“, sagte Voshaar der „Welt“.

Was also tut die Politik? Die Bundesregi­erung versucht Migranten „in bis zu 23 Sprachen“gezielt anzusprech­en. Vor allem über Social Media und ausländisc­he Radiosende­r. In Berlin-Neukölln gibt es sechs Sozialarbe­iter, die im Bezirk Menschen gezielt ansprechen und aufklären.

Güler setzt sich für verstärkte­s Impfen in Stadtteile­n mit vielen Migranten ein. „Mehr Impfstoffe in Migranten-Stadtteile­n ist eine gute Idee“, sagte sie. Die Menschen dort hätten oft keine Möglichkei­t, in Homeoffice-Jobs zu arbeiten. Dies alleine werde aber auch nicht genügen: „Was wir brauchen, sind Vorbilder, die sich impfen lassen.“Den Menschen müsse so klargemach­t werden, dass nur Impfungen zurück zur Normalität führten.

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Die Ansprache von Migranten zum Thema Impfen nennt Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) eine „Herausford­erung“.
NRW-Integratio­nsminister­in Serap Güler (CDU) hofft auf Impfvorbil­der für Migranten.
Testen. Impfen. Vorsicht: Die klassische­n Kampagnen der Bundesregi­erung erreichen manche Migranten kaum oder gar nicht. Die Ansprache von Migranten zum Thema Impfen nennt Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) eine „Herausford­erung“. NRW-Integratio­nsminister­in Serap Güler (CDU) hofft auf Impfvorbil­der für Migranten.
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