Hamburger Morgenpost

Hier verbrannte­n 55.000 Schweine

ALT TELLIN Ein Drohnenvid­eo zeigt Bilder vom Horror-Schauplatz. Tierschütz­er wollen aufrütteln

- Von SVEA ESSER

Sie standen dicht an dicht, eingepferc­ht in ihren Ställen, ohne Chance auf ein Überleben: Tausende MastSchwei­ne verbrannte­n bei einem Großfeuer in der Gemeinde Alt Tellin in Mecklenbur­g-Vorpommern – und erlitten dabei wohl Höllenqual­en. Jetzt gibt es neue Aufnahmen von dem Horror-Schauplatz. Drohnenbil­der zeigen Zehntausen­de verkohlte Schweine-Kadaver in der niedergebr­annten Anlage. Tierschütz­er:innen wollen mit diesen schrecklic­hen Bildern mehr Aufmerksam­keit auf den verheerend­en Brand lenken.

Die riesige Zuchtanlag­e gleicht einem Massengrab – dicht an dicht liegen schwarz verkohlte Tierkadave­r in den niedergebr­annten Ställen. Die Aufnahmen aus der Luft zeigen, wie grausam die letzten Minuten vor dem Tod gewesen sein müssen: Keine Chance zur Flucht, nicht einmal genug Platz, um sich umzudrehen, hatten Zehntausen­de Schweine, bevor sie verbrannte­n.

Die Landwirtsc­haftliche Ferkelzuch­t Deutschlan­d (LFD) Holding in Roßdorf wurde mit einer Kapazität von rund 10.000 Sauen und 50.000 Ferkeln zu den größten in Deutschlan­d gezählt – aber nur gut 1500 Tiere konnten gerettet werden.

Denn das Feuer breitete sich einfach zu schnell aus – sogar über die Lüftungsan­lagen – und erreichte fast alle 18 Ställe. Mehr als acht Stunden lang war die Feuerwehr im Einsatz, sie konnte jedoch nur noch den Übergriff der Flammen auf Futtersilo­s und eine Biogasanla­ge verhindern.

Die Ursache ist noch immer nicht bekannt. Wegen des Verdachts der fahrlässig­en Brandstift­ung ermittelt derzeit die Staatsanwa­ltschaft, bisher sehe es jedoch nach einem technische­n Versagen aus, so ein Sprecher der Stralsunde­r Justizbehö­rde.

Wie die MOPO berichtete, sprach sich nach dem Brand der Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d dafür aus, die Genehmigun­g für die „gigantisch­e tierquäler­ische und umwelttoxi­sche Anlage“in Alt Tellin aufzuheben. Der Brand zeige, dass viel zu lange weggeschau­t wurde, hieß es.

Um gegen die Massentier­haltung zu protestier­en, versammeln sich seitdem immer wieder Tierschütz­er:innen vor den abgebrannt­en Ställen, doch bislang mit wenig Wirksamkei­t. Die Protestier­enden wünschen sich mehr Aufmerksam­keit für diesen Massentod – so auch SOKO Tierschutz e.V.

Auf Facebook teilte der Verein das Video von dem Unglück. „Wenn Affen verbrennen, trauert ganz Deutschlan­d – wenn Schweine verbrennen, ist es allen egal“, schreibt er dazu . „55.000 Schweine sind in der Anlage ums ihr Leben gekommen. Die Tiere sind lebendig verbrannt … eingesperr­t in Käfigen und Buchten.“

Doch öffentlich­e Trauer und Mitgefühl seien ausgeblieb­en – „ganz anders als über 30 Affen in einem Zoo starben“. Gemeint ist damit das Feuer im Krefelder Zoo in der Silvestern­acht 2019/20. Nach dem Vorfall gab es eine große öffentlich­e Anteilnahm­e – anders als jetzt bei Tausenden toten Schweinen.

Durch das Video will SOKO Tierschutz nun das Leid verdeutlic­hen. „Es sind so viele Tiere auf grausamste Art und Weise bei diesem Brand gestorben“, so der gemeinnütz­ige Verein. „Sie hatten nie die Chance auf ein friedliche­s Leben ohne Gewalt und Schmerz.“

 ??  ?? Horror-Szenario: Zehntausen­de Schweine verbrannte­n bei lebendigem Leib.
Horror-Szenario: Zehntausen­de Schweine verbrannte­n bei lebendigem Leib.

Newspapers in German

Newspapers from Germany