Hamburger Morgenpost

Warum die Oscars mir ein schlechtes Gewissen machen

- NADINE RINKE kultur@mopo.de

„Streamen ist eine tolle Sache, aber das Erlebnis eines Kinobesuch­s kann es nicht ersetzen“, schrieb unsere Film-Expertin Ute Gebauer vor zwei Wochen an dieser Stelle. Und, oh, wie ich ihr beim Lesen recht gegeben habe. Sogar ich vermisse das Kino. Das ist lustig, weil ich eigentlich viel lieber Menschen zusehe, die live auf einer Bühne fürs ganz große Drama sorgen. Aber die Spannung, wenn der Werbeblock endlich durch ist und das Popcorn-Geknurpse für einen kurzen Moment verstummt? Das In-den-Sessel-gepresstWe­rden, wenn der irgendwie immer einen Tick zu doll aufgedreht­e Sound losballert? Herrlich!

Doch die Filmbrache ist im Wandel – und Corona wirkt wie ein Katalysato­r. 47 Netflix- und Amazon-Produktion­en waren bei den diesjährig­en Oscars nominiert, die am Sonntag verliehen wurden (zum Vergleich: 2020 waren waren es laut dem kanadische­n Journalist­en Jon Erlichman 25, 2018 neun, 2016 zwei). Gewinner-Filme wie „Soul“oder „Mank“können Sie sich mit ein paar Klicks nach Hause holen (waswoläuft,sehenSie rechts). Wären die im Kino besser aufgehoben? Auf jeden Fall! „Tenet“hat es 2020 für ein paar Wochen geschafft, dann – na ja, Sie wissen ja.

Nein, Streaming wird das Kino-Erlebnis nie ersetzen, Gott bewahre. Aber ganz ehrlich? Jetzt gerade bin ich einfach nur dankbar für die Möglichkei­t, mir trotz geschlosse­ner Kinos Ausgezeich­netes ansehen zu können. Kopfhörer auf und los. Wenn auch mit ’nem bisschen schlechten Gewissen.

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